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Sport: Das große Gold

Michael Greis schlägt im Biathlon-Rennen über 20 Kilometer den Favoriten Björndalen

Michael Greis hat sich zuletzt immer wieder darüber aufgeregt, dass sich in der Biathlon-Welt alles nur um den Kollegen Ole Einar Björndalen drehe. Mit Ole Einar hier, Björndalen da, wie sich Greis ausdrückte, war es gestern Nachmittag nach dem ersten olympischen Rennen der Skijäger allerdings vorbei. Der Norweger, unumstrittener Star seiner Zunft, rückte zur Abwechslung in den Hintergrund, und an ihm vorbei schob sich – Michael Greis, der neue Olympiasieger über 20 Kilometer. Er holte am Samstagnachmittag die erste Goldmedaille für Deutschland.

Am Ende war der 29-Jährige aus Nesselwang 16 Sekunden schneller als der viermalige norwegische Olympiasieger von Salt Lake City. Auf der Tribüne wurden deutsche und bayerische Fahnen ausgerollt, und während Greis von einem Mikrofon zum nächsten gereicht wurde, riefen die Fans „Michi, Michi“.

Dabei hatte der Sportsoldat aus dem Allgäu beim Aufwachen keineswegs mit dem großen Lauf gerechnet. „Ich habe in den letzten Tagen hart am Schießstand gearbeitet, um mein Körpergefühl zu verbessern“, erzählte Greis nach seinem Triumph. So gut, dass er auf Sieg für Greis gesetzt hätte, sei das Körpergefühl beim morgendlichen Zähneputzen dann aber nicht gewesen. „Ich bin nicht mit dem Gefühl aufgestanden, dass ich der nächste Olympiasieger bin.“

Bei der zweiten von vier Schießübungen schien sich die schlechte Ahnung des Staffel-Weltmeisters von 2004 schon zu bestätigen: Greis leistete sich an dem windigen Schießstand seinen ersten Fehler. Da wurde ihm klar: „Dabei muss es bleiben.“ Und dabei blieb es.

Greis kam mit einem Fehlversuch ins Ziel, während Björndalen zwei Mal danebenzielte und die eine Strafminute Rückstand auf den Deutschen trotz gewohnt überragender Laufleistung nicht mehr wettmachen konnte. Der große Tag des Michael Greis war nicht zuletzt das Ergebnis des Höhentrainingslagers, das er zu Saisonbeginn mit den Teamkollegen Ricco Groß und Sven Fischer auf der österreichischen Tauplitzalm eingelegt hatte. Dadurch versäumte das Trio zwar die ersten beiden Weltcuprennen im schwedischen Östersund. Doch während Groß gestern nur Elfter wurde und Fischer nur auf Rang 17 einlief, holte Greis das Versäumte nun auf der Olympia-Strecke in San Sicario eindrucksvoll nach.

Auf 1700 Meter Höhe hatten die drei Athleten in Österreich trainiert, auf einer ähnlichen Höhe feierte Greis nun den größten Erfolg seiner nicht mehr so jungen Karriere. Danach freute er sich vor allen Dingen darüber, dass er den Ausnahmeathleten seiner Sportart hinter sich gelassen hatte. „Ole Einar ist nicht unschlagbar“, sagte Greis. Zugleich war sich der Olympiasieger aber sehr wohl bewusst, was er gerade vollbracht hatte. „Ole Einar ist die härteste Nuss im Feld. Deshalb freue ich mich besonders, dass ich sie gleich im ersten Rennen geknackt habe.“

Im Wettbewerb hatten Greis die ständigen Windböen am Schießstand gestört. „Vor dem Start habe ich eigentlich gedacht, dass der Sieger 20 von 20 Schuss treffen muss.“ Es kam anders, unter den 88 Gestarteten schoss allein der Franzose Julien Robert fehlerfrei. Er wurde am Ende Sechster. Von den vier deutschen Biathleten machten die äußeren Umstände dabei Michael Rösch am meisten zu schaffen. Nach sechs Fehlschüssen landete er am Ende auf Platz 42 und kommentierte nur kurz: „Scheiß Wind.“

Greis war nach seinem umjubelten Sieg zu Scherzen aufgelegt. Das zeigte sich, als Bronzemedaillengewinner Halvard Hanevold aus Norwegen den deutschen Sieger mit den Worten lobte: „Wer sagt, dass das ein Überraschungssieg war, der hat Biathlon in den letzten Jahren nicht richtig verfolgt.“ Worauf dem Olympiasieger aus Bayern nur einfiel: „Dafür hat er Geld gekriegt.“

10. BIS 26. FEBRUAR

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