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Sport: Das große Zittern

Für Kaiserslautern wäre der Abstieg eine Katastrophe

Kaiserslautern . Erwin Saile liebt seine Heimat. Die Wälder um Kaiserslautern, die Nähe zu Frankreich, die kulinarischen Errungenschaften der Pfalz und natürlich die Fußballer des 1. FC Kaiserslautern. Von seinem Arbeitsplatz im Rathaus aus hat der Geschäftsführer der Stadion GmbH und WM-Koordinator der Stadt alles im Blick. Mitten im Zentrum gelegen, überragt der Bau alles andere. Der FCK ist für Saile so etwas wie eine Versicherung, dass das Leben in der Westpfalz weitergeht. In diesen stürmischen Tagen aber muss Saile leiden.

Er seufzt tief und sagt: „Wir hätten bei einem Abstieg ein großes wirtschaftliches Problem, da hängen viele Arbeitsplätze dran. Für die Stadt und die Region wäre das eine Katastrophe.“ Nicht nur, weil die Stadt, die für 48,3 Millionen Euro dem maroden Klub das Fritz-Walter-Stadion abkaufte, dann um die jährliche Stadionmiete von 3,2 Millionen Euro fürchten müsste.

Wie die Verwaltungsmänner im Rathaus warten sie alle auf Post der Deutschen Fußball Liga (DFL), die die Lizenzunterlagen für die nächste Saison verschickt. Eigentlich sollten die Vereine schon gestern von der DFL informiert werden, nun soll das Anfang der kommenden Woche geschehen. In der Pfalz hat das große Zittern eingesetzt. Mindestens 13,5 Millionen Euro müsste der FCK einsparen, um für die Zweite Liga eine Lizenz zu bekommen. Mit fast neun Millionen Euro Verlust rechnet Klubchef René C. Jäggi für die laufende Spielzeit und sagt: „Sollten wir absteigen, ist die Lizenz absolut in Gefahr.“ Ob nun Jäggi wieder nur Drohungen ausspricht, um neue Kräfte frei zu machen, oder ob der Schweizer die Wahrheit verkündet, weiß keiner. Der Geschäftsmann arbeitet gern mit Horrorszenarien, um sich später den Retterorden an die Brust zu heften. Einen Zwangsabstieg jedenfalls in die Regionalliga würde der Klub kaum überstehen, für die Erste Liga wäre die Lizenz laut Jäggi wegen der höheren Fernsehgelder gesichert.

Auch für die Stadt wäre der Abstieg bitter. Sie müsste einen Großteil der 48,3 Millionen Euro für den Stadionkauf abschreiben. Auch im schlimmsten Fall, das hat der rheinland-pfälzische Landesvater Kurt Beck signalisiert, werde er den WM-Spielort Kaiserslautern sichern. „Es wäre enorm wichtig, dass der FCK bis zur WM in der Bundesliga spielt“, sagt Koordinator Saile. Nur mit einem Erstligaklub würden die Pfälzer Bürger den Einsatz von Steuergeldern ohne größeren Widerstand schlucken.

Es wird im Fall der Pfälzer wohl so ausgehen, dass die DFL Nachbesserungen verlangt und dann doch die Lizenz erteilt. Der Klub allerdings wäre zu einem Verlustgeschäft gezwungen. Die Verträge von acht Spielern müssten aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt werden. Spieler wie Tim Wiese, Christian Timm oder Ciriaco Sforza könnten ablösefrei gehen. „Die Gehälter sind für den Klub in der Zweiten Liga nicht mehr zu bezahlen“, sagt Jäggi. Er schiebt die Verantwortung dafür der ehemaligen Führung um Jürgen Friedrich zu. Der stattete die Profis mit überzogenen Verträgen aus. Allein Timm kassierte seit 2002 fast vier Millionen Euro.

Für Jäggi selbst wird es immer schwerer. Er hat mit dem ehemaligen Trainer Erik Gerets zahlreiche Fehleinkäufe zu verantworten. Die Spieler beschäftigen sich mehr mit anderen Klubs als mit der schwierigen Situation vor Ort, und Jäggi will im Sommer gehen. Kapitän Aleksander Knavs hat schon einen neuen Arbeitgeber gefunden: Er wechselt nach Bochum; da kann er wenigstens sicher mit der Lizenz rechnen.

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