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Sport: Das Schweigen im Stadion

Wie immer stehen die älteren Herren auf der Tribüne und schauen beim Training zu. Doch heute ist etwas anders.

Wie immer stehen die älteren Herren auf der Tribüne und schauen beim Training zu. Doch heute ist etwas anders. Und das liegt nicht am Wetter. Nicht an der Kälte und nicht am Nieselregen. In früheren Zeiten plauderten die alten Energie-Fans über Fußball und schauten nur hin und wieder auf den Rasen, wo Trainer Eduard Geyer seine Männer ein paar Bahnen ziehen lässt. In diesen Tagen blicken die treuesten Fans schweigend auf den Rasen. Ihnen ist der Spaß vergangen. Ihrem Klub geht es nicht gut. Seit elf Spielen hat Energie Cottbus in der Fußball-Bundesliga nicht mehr gewonnen. Ein Tor haben sie in den vergangenen sechs Spielen geschossen. Heute Nachmittag kommt der 1. FC Kaiserslautern ins Stadion der Freundschaft, der Tabellenvierte. Nur wenige in Cottbus gehen ernsthaft davon aus, dass die schlechte Serie ihres Vereins beendet wird.

Zum Thema Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Die Stimmung im Umfeld des FC Energie hat etwas Seltsames an sich, etwas Untypisches für Bundesligaverhältnisse. Die Menschen in Cottbus meckern nicht lautstark oder fordern gar einen neuen Trainer, wie es etwa bei Hansa Rostock vor einer Woche der Fall war. Vielleicht ist in Cottbus eher Angst das richtige Wort. Viel hat die Stadt nicht zu bieten, ihr Fußballklub aber, der hat Cottbus bundesweit bekannt gemacht. Mitte der 90er Jahre spielte Energie Cottbus noch drittklassig, jetzt befindet sich der Verein im zweiten Bundesligajahr. Eduard Geyer hat den Verein nach oben gebracht, das wissen sie in der Lausitz. Deshalb stellt sich die Trainerfrage nicht. "Geyers Vertrag gilt auch für die Zweite Liga", hat Präsident Dieter Krein jüngst gesagt.

Eines fehle der Mannschaft jetzt, sagt Geyer, "die Leidenschaft, der Enthusiasmus, das Engagement". Also jene Eigenschaften, mit denen der FC Energie im vergangenen Jahr die Klasse gehalten hat. Bei der 0:1-Niederlage bei 1860 München am vorigen Wochenende hat nicht ein Spieler die Gelbe Karte gesehen, "zu emotionslos" findet das Geyer. Früher hätten die Gegner noch Respekt gehabt. In München brachte es Cottbus nicht einmal zu einer Torchance. "Wenn wir absteigen, dann verlieren wir hier alle", sagt Geyer.

Die Schuld wird in diesen Tagen oft bei Spielmacher Vasile Miriuta gesucht. Als er verletzt war und die Mannschaft verlor, haben sie gesagt, dass die Niederlagen irgendwie normal seien. Weil Miriuta nicht dabei war. Als er gesund war und Energie verlor, lag es an Miriuta, weil er schwach spielte. "Er reißt keinen mehr mit", sagte Präsident Dieter Krein in dieser Woche. Die Datenbank der Sat-1-Fußballsendung "Ran" ermittelte gar, dass Energie ohne Miriuta erfolgreicher spielt als mit ihm. Und: Miriuta sei der zweikampffaulste Spieler der Bundesliga. "Wir hatten in der vergangenen Saison jemanden, der das Spiel lenkte. Er war der mit Abstand torgefährlichste Spieler. Die Mannschaft ist mit ihm gewachsen", sagt Geyer. "Es macht keinen Sinn, auf ihm herumzuhacken und ihn zu vernichten."

Eduard Geyer wird nicht aufgeben. Das würde zu ihm, dem schroffen, aber fleißigen Typen nicht passen. "Was man aufgebaut hat, wirft man nicht einfach weg", sagt Geyer. Und: "Wenn ich zurücktreten würde, dann hätten die Spieler ein Alibi." Dann wäre doch der Trainer an allem Schuld gewesen.

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