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Sport: Das Spiel im Kopf

Bayer Leverkusen sucht nach tieferen Gründen für die Misere

Leverkusen. Thomas Hörster machte sich schnell aus dem Staub. Wer noch weitere Details von ihm erfahren wollte, blieb ratlos zurück. Der Trainer des sportlich schwer angeschlagenen Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen verschwand sogleich nach dem Pflichtteil der obligatorischen Pressekonferenz. Keine weiteren Fragen. Vieles blieb offen, auch im Hinblick auf die Partie an diesem Samstag bei Borussia Mönchengladbach. Es ist ein möglicherweise schon vorentscheidender Abstiegskick auf dem Bökelberg – für beide Mannschaften.

„Vorsichtig ist keiner mehr“, hatte Hörster zuvor noch die Marschroute seiner Elf bei den heimstarken Gladbachern preisgegeben, und, um nicht – wie schon so oft in der Vergangenheit – falsch interpretiert zu werden, sprach er gleich noch von der „offensiven Ausrichtung“, mit der er seine Spieler aufs Feld schicken werde. Schließlich müssen sie ja gewinnen angesichts der drei Punkte Rückstand auf die Gladbacher, sagte Hörster, aber „wenn ein Punkt dabei herausspringt, dann können wir damit leben“. Das ist die Hörster-typische Genügsamkeit, die in Leverkusen so manchem kräftig auf den Wecker geht und den Spielern zugleich eine vortreffliche Ausrede liefert, wenn wieder mal kein Sieg herausspringt.

Wer bei den Leverkusenern den verletzten Bernd Schneider vertritt, ist noch nicht klar. Um Gladbachs Stürmer Mikael Forssell werden sich abwechselnd Lucio und Juan kümmern. Die wichtigsten Personalien sind damit abgehakt. Der Kern des Problems bei Bayer liegt aber ohnehin woanders. Es ist „die Kopfsache“, wie Hörster sie nennt. Auch er hat noch keine Generalantwort darauf gefunden, warum seine Mannschaft in kritischen Momenten in beunruhigender Permanenz kollabiert. „Wir haben viel darüber geredet“, sagt er. Hörster hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sein Team endlich „die guten Leistungen im Training auf dem Platz umsetzen kann“.

Vor gut zwei Jahren noch hat sich bei Bayer ein Sportpsychologe mit derlei Kopfsachen beschäftigt. Der damalige Trainer Klaus Toppmöller hat ihn sofort abgeschafft. Sein Argument: Ein Trainer müsse sein Team selbst motivieren. Und nun, da viele Spieler ganz offenbar schwere mentale Probleme haben? „Da haben wir nicht drüber nachgedacht“, sagt Hörster. „Wenn man so etwas macht, dann die ganze Saison über.“ In dieser Situation sei das zu kurzfristig.

Bayers Sportdirektor Jürgen Kohler verzieht bei solchen Worten keine Miene. Und das leidige Thema Udo Lattek, die ganze Diskussion, wer nun wem einen Korb gegeben hat, Bayer Lattek oder Lattek Bayer – da verdreht Kohler nur noch genervt die Augen. „Wir konzentrieren uns nur auf Gladbach, alles andere interessiert uns nicht“, sagt Kohler. Thema erledigt, für ihn jedenfalls – aber auch für Bayer Leverkusen?

Und dann ist da noch Reiner Calmund. Der redselige Geschäftsführer kommt kaum noch über die gewohnte Erklärungslitanei von Bayers Niedergang hinaus. Er erwähnt nebenbei, dass er schon nach den Heimniederlagen gegen Bochum und Hannover, also bereits nach dem fünften Spieltag, vor einem Kasus Dortmund gewarnt habe. Der BVB hatte während der Saison 1999/2000 Udo Lattek verpflichtet und wäre unter ihm mit einer Millionen-Truppe fast abgestiegen.

Der kluge Verein baut indes vor. So würde Bayer Leverkusen im Abstiegsfalle wenigstens finanziell sanft fallen. Dann kassiert der Klub nämlich nach Informationen der „Bild“ sieben Millionen Euro. Bayer hat sich bei einer Hannoveraner Versicherung versichern lassen – gegen die Zweitklassigkeit.

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