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Sport: Das System Lorant soll 1860 München in den Europacup führen

Karl-Heinz Wildmoser ist so, wie man sich anderswo einen echten Bayern vorstellt: massiger Körper, gezwirbelter Schnauzbart, außerdem spricht er gern unbescheiden und ausufernd. So war das auch nach dem 1:0-Sieg über Werder Bremen.

Karl-Heinz Wildmoser ist so, wie man sich anderswo einen echten Bayern vorstellt: massiger Körper, gezwirbelter Schnauzbart, außerdem spricht er gern unbescheiden und ausufernd. So war das auch nach dem 1:0-Sieg über Werder Bremen. Das Tor zum Uefa-Cup oder gar zur Champions League stehe weit offen, sagte der Präsident des TSV 1860 München. Nun müsse man es endlich mal durchschreiten. Der gelernte Metzger und wohlhabende Großgastronom lässt seinen Trainer Werner Lorant zwar verkünden, dass mit den erreichten 40 Punkten die Klasse gesichert sei. Aber er selbst stellt sich anderes vor.

Das taten die Löwen schon vor einem Jahr. Seinerzeit belegten sie nach zwanzig Spielen mit 36 Punkten den vierten Rang. In den letzten 14 Spielen eroberten die Löwen dann weitere fünf Punkte und wurden Neunter. Fünf Punkte! In 14 Spielen! Auch die Vorrunde der aktuellen Spielzeit verlief gut, auch der Start in die Rückserie misslang. Doch mittlerweile haben sich die Löwen gefangen. Die Mannschaft ist stabiler als im Vorjahr. Es gibt zu jedem Spieler in jedem Mannschaftsteil eine gleichwertige Alternative. Kaum überragende Kicker zwar, aber durchweg solide Rasenarbeiter. Und mittendrin Thomas Häßler. Der sagt: "Man kann nur an die Jungs appellieren, was es bedeutet, international zu spielen." Er weiß es.

Durchaus möglich, dass es in diesem Jahr gelingt. "Icke" füllte bei 1860 ein Vakuum aus, das mitverantwortlich für frühere Misserfolge war: Es fehlte ein Spielmacher, um den sich alles dreht. Häßler ersetzte Abderrahim Ouakili, Manfred Bender und Horst Heldt auf einmal, die alle überfordert waren mit der kreativen Arbeit im Mittelfeld. Und weil Lorant sie zudem für schlechte Stimmung verantwortlich machte, mussten alle gehen. Es kamen neben Häßler brave Gesellen wie Thomas Riedl, Filip Tapalovic oder Martin Max. Dem vormaligen Schalker Max ging es bei seinem alten Verein wie Häßler in Dortmund. In München darf er spielen, was er kann. Und steht prompt neben Ulf Kirsten ganz vorne in der Torschützentabelle. Auch ein Geheimnis des Werner Lorant: Seit acht Jahren bastelt er an der Mannschaft, holt Spieler, und wenn sie nicht passen, schickt er sie wieder fort. Lorant und sein System stehen fest. Nicht wie bei anderen Klubs, die ein Sammelsurium sind an Spielern aus diversen Systemen, geholt von allerlei Trainern.

Lorant wird dafür sorgen, dass auch der große Schritt voran nach dem Sieg über Bremen nicht zu Fehlreaktionen in Form von Überheblichkeit führt. Die Spieler haben die pragmatische Denkart verinnerlicht und drücken sich in Stereotypen aus. Zum Beispiel Harald Cerny: "Wir denken nicht an die Champions League, sondern von Spiel zu Spiel." Oder Häßler: "Unser Ziel war ein internationaler Wettbewerb. Aber wir haben noch sehr schwere Spiel vor uns." Kesseres wagt keiner zu sagen. Um Platz vier zu halten, brauchen die Löwen Glück. Aber außer Bayer und Bayern an der Spitze spielt derzeit keine Mannschaft so gut und konstant, dass man sie fürchten müsste. Und versteckte Hinweise auf das große Ziel findet man nicht nur bei Karl-Heinz Wildmoser. Auf dem Spielball vom Sonntag befand sich folgender Aufdruck: "Uefa Champions League".

Detlef Dresslein

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