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Sport: Das Verbrechen vergessen Litauens Basketballer Lavrinovic saß im Gefängnis – und spielt jetzt

Norrköping. Es liegt nicht am Tattoo, dass es auf Ksistof Lavrinovics linkem Oberarm schmal wirkt.

Norrköping. Es liegt nicht am Tattoo, dass es auf Ksistof Lavrinovics linkem Oberarm schmal wirkt. Die Tätowierung ist zwei Zentimeter breit und windet sich um den kompletten Oberarm des litauischen Basketball-Nationalspielers. Trotzdem fällt sie nicht sehr auf, denn Lavrinovic hat einen mächtigen Bizeps. Sein Trizeps stemmte ebenfalls manche Hantel. Litauens Kotrainer Gintaras Krapnikas sagt: „Er hat im Gefängnis sehr an Kraft zugelegt.“

Eineinhalb Jahre saß Ksistof Lavrinovic wegen gemeinschaftlich begangener Vergewaltigung in einem Gefängnis. Seit Dezember 2001 ist der 209 Zentimeter große Centerspieler von Ural Great Perm wieder draußen. Gestern spielte er bei der Basketball-EM in Schweden gegen Deutschland. „Wir geben unseren Leuten eine zweite Chance“, sagt Krapnikas, „man kann ihn nicht sein ganzes Leben lang verurteilen“. Beinahe wäre auch Ksistofs Zwillingsbruder Darius nach Schweden gefahren, doch der verletzte sich vor dem Turnier. Er saß ebenfalls für eineinhalb Jahre im Gefängnis. Für die gleiche Tat.

Es ist eine seltsame Geschichte. Die Zwillingsbrüder sollen gemeinsam mit einem Cousin eine Frau vergewaltigt haben. Ein Gericht befand sie im Sommer 2000 für schuldig und verurteilte sie zu drei Jahren Haft. Wegen guter Führung kamen Ksistof und Darius Lavrinovic vorzeitig frei. In der Nationalmannschaft herrscht die Meinung, dass der Centerspieler unschuldig im Gefängnis saß. „Es war keine Vergewaltigung“, sagt der Assistenztrainer. „Die Frau hat später versucht, durch eine Scheinehe mit einem der beiden Zwillingsbrüder zu helfen.“

Die Zeit im Gefängnis war schwer für Ksistof Lavrinovic, aber sie hat ihm auch geholfen. „Er ist selbstbewusster geworden“, sagt Krapnikas. „Basketball ist in Litauen sehr populär“, sagt der Assistenztrainer, „die Zwillingsbrüder hatten im Gefängnis eine Sonderstellung.“ Die beiden waren als große Basketball-Talente bekannt. In einer Mannschaft aber durften sie eineinhalb Jahre lang nicht spielen.

Ksistof Lavrinovic ist ein ruhiger Typ. Als Hobby gibt er Bowling an, und seit er in Russland für Perm spielt, löst er auch gern russische Kreuzworträtsel. In der litauischen Nationalmannschaft, für die er seit dem vergangenen Jahr spielt, kommt der 23-Jährige erst auf das Feld, wenn Centerspieler Eurelius Zukauskas eine Pause benötigt. „Es gibt null Probleme mit ihm“, sagt Krapnikas. Die Zeit im Gefängnis war nur zu Beginn ein Thema im Team, inzwischen spricht niemand mehr darüber. „Bei uns zählt nicht, ob jemand abgerutscht ist“, sagt der Kotrainer Gintaras Krapnikas, „bei uns zählt, wie man Basketball spielt.“

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