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Sport: „Das wird nicht leicht“

Heute spielt Hertha BSC bei TuS Koblenz – Rudi Gutendorf kennt sich mit beiden Vereinen aus

Herr Gutendorf, heute spielen TuS Koblenz und Hertha BSC in der ersten Runde des DFBPokals gegeneinander. Für Koblenz haben Sie von 1943 bis 1953 gespielt. Hertha haben Sie 1986 trainiert. Werden Sie im Stadion sein?

Selbstverständlich. Ich verfolge TuS Koblenz wieder sehr genau. Seitdem die im letzten Jahr in die Regionalliga aufgestiegen sind, kann man sich das wieder ansehen. Ich bin fast immer da. Wenn der Trainer Milan Sasic schlecht arbeiten würde, dann könnte ich sofort einspringen. Aber derzeit ist der ja sehr erfolgreich, leistet gute Arbeit.

Wie würden Sie TuS Koblenz denn gegen Hertha spielen lassen?

Ähnlich wie Sasic es machen wird. Hinten drin, aber bloß nicht zu defensiv. Dann überfallartig über die Außenverteidiger kontern. So habe ich die meisten meiner Mannschaften auch spielen lassen. Das wird nicht leicht für Hertha. Gerade wenn Koblenz die ersten Minuten ohne Gegentor übersteht, die Mannschaft ihre Nervosität ablegen kann.

Wie ist denn das Publikum in Koblenz?

Die können richtig fanatisch werden. Das Stadion fasst beinahe 25000. 1946 haben wir mal gegen Schalke gespielt. Da waren wesentlich mehr als 25 000 da, die Stimmung war fantastisch. Ich habe Rechtsaußen gespielt. Ich sollte einen Eckball treten, aber das ging nicht, weil die Zuschauer teilweise vier Meter im Feld gehockt haben.

Hertha ist eine schwache Pokalmannschaft, ist schon oft in der ersten Runde ausgeschieden. Woran könnte das liegen?

Das liegt zum einen an den Charakteren in einer Mannschaft. Ob die bereit sind zu befolgen, was ihr Trainer sagt. Zum anderen natürlich daran, wie der Trainer seine Vorgaben vermittelt. Heutzutage sind die Spieler gegen unterklassige Gegner am einfachsten durch Prämien zu motivieren. Aber wenn man die nicht hat, dann muss man sich etwas einfallen lassen.

Zum Beispiel?

Meine große Stärke waren immer Einzelgespräche mit den Spielern. Da bin ich so persönlich wie möglich geworden. Wenn du dieses Spiel verlierst, habe ich dann gesagt, dann spielst du nie wieder bei mir. Wenn du gegen diesen Nobody verlierst, dann beleidigst du mich damit. Irgendwann nutzt sich das natürlich auch ab, und die Spieler glauben dir nicht mehr. Aber eine Zeit lang ist das sehr wirksam. Wenn ich Herthas Trainer Falko Götz wäre, dann würde ich den Spielern Angst machen. Viele Trainer heute trauen sich nicht mehr genug, weil sie zufrieden sind mit ihrem Einkommen und ihrer Situation insgesamt.

Als Sie Hertha 1986 trainierten, haben Ihre Methoden nicht funktioniert.

Oh ja, das war eine Katastrophe. Eine der wenigen Trainerstationen, bei denen ich nicht erfolgreich war. Schon nach ein paar Monaten haben wir uns wieder getrennt. Aber wie die mich damals geholt haben, das war sensationell. Der damalige Präsident Wolfgang Holst ist extra nach Japan geflogen, wo ich damals Trainer war und hat mich überredet. Ich gebe dir noch Geld aus meiner eigenen Tasche, wenn du bei uns anfängst, hat Holst zu mir gesagt.

Und wenn Herthas Manager Dieter Hoeneß Ihnen morgen ein Angebot machen würde, würden Sie es annehmen?

Mit dem Fahrrad würde ich zum Koblenzer Bahnhof fahren und mich in den Zug nach Berlin werfen. Es ist ein Traum von mir, noch mal in der Bundesliga zu arbeiten. Ich habe mich gewundert, warum ein Verein wie Hansa Rostock, der gerade abgestiegen ist, nicht bei mir anfragt.

Sind Sie mit 78 denn noch fit genug?

Heutzutage braucht ein Trainer doch nicht einmal 400 Meter am Tag zu laufen. Außerdem hat man ja noch zwei Assistenten. Am Donnerstag hatte ich ein Spiel mit einer Prominenten-Mannschaft in der Nähe von Koblenz. Meinem Spieler Wolfgang Overath wurden die Beine weggehauen und der Schiedsrichter hat nicht gepfiffen. Da bin ich auf den Platz gelaufen, während des Spiels, und habe zum Schiedsrichter gesagt: „Wenn Sie nicht aufpassen, und so einen Mann nicht rausstellen, der einem Weltmeister mit 61 Jahren die Knochen kaputttreten will, dann hole ich in zwei Minuten meine Spieler vom Feld und wir fahren wieder heim.“ Da ist der weiß geworden im Gesicht. Von diesem Zeitpunkt an hat er dann auch besser gepfiffen.

Das Gespräch führte Ingo Schmidt- Tychsen.

Rudi Gutendorf (78) , betreute 54 Vereine und Nationalmannschaften. Von 1943 bis 1953 spielte er bei TuS Neuendorf, dem Vorgängerverein von TuS Koblenz. Er wohnt nahe Koblenz.

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