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Beck

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Davis-Cup: Die Riege der Deprimierten

Weil Teamchef Kühnen im Davis-Cup auf zwei Debütanten setzt, verliert Deutschland in Marbella.

Dass Fernando Verdasco und Feliciano Lopez direkt vor ihm Juan Carlos Ferrero geschultert hatten und ihn in kämpferischer Siegerpose durch die Stierkampfarena trugen, bekam Andreas Beck wohl gar nicht mit. Mit hängendem Kopf saß er zusammengesunken auf der Bank. Teamchef Patrik Kühnen klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter, auch seine Davis-Cup-Kollegen versuchten ihn zu trösten. „Ich habe alles versucht, ich bin so enttäuscht“, sagte Beck später immer noch sichtlich geknickt. „Es wird dauern, bis ich das verdaut habe.“ Kühnen hatte dem 23-Jährigen die Last aufgebürdet, beim Stand von 2:2 im entscheidenden fünften Match antreten zu müssen, um Titelverteidiger Spanien im Viertelfinale doch noch zu stürzen. Er konnte dem enormen Druck jedoch nicht standhalten, und so blieb bei der 2:3-Niederlage der Deutschen der schale Beigeschmack hängen, dass in diesem Davis-Cup-Duell doch mehr für den Außenseiter drin gewesen wäre.

Aber Beck unterlag dem ehemaligen Weltranglistenersten Ferrero, dem eine solide Leistung ausreichte, 4:6, 4:6, 4:6. Ferrero hatte bei den Gastgebern Tommy Robredo ersetzt, dem die Nerven im wichtigen Moment oft versagt hatten. „Wir hatten fest mit Ferrero gerechnet“, betonte auch Kühnen, „er hat mit seiner großen Erfahrung das Match gewonnen, das ist bitter.“ Dass aber auch der deutsche Teamchef einen erfahrenen Spieler als Alternative in seinen Reihen gehabt hätte, ließ Kühnen außer Acht. Kiefer statt Beck einzusetzen stand nie zur Diskussion, und der Routinier gab sich mit seiner Rolle als Doppelspieler stillschweigend zufrieden. „Ich bin auch ein Teil der Mannschaft, und wir gewinnen und verlieren gemeinsam“, sagte Kiefer, „aber Patrik entscheidet, wer spielt.“ Die Entscheidung muss zumindest kritisch hinterfragt werden, schließlich hatte Kühnen mit angesehen, wie Beck bei seinem Debüt für Deutschland am Freitag gegen Verdasco die Nerven flatterten und er bei der Fünfsatz-Niederlage nicht zu seiner Normalform fand.

Im Lager der spanischen Journalisten wie auch in der Mannschaft hatte man Becks Nominierung zunächst für einen Scherz gehalten. Sie vermuteten, Kühnen wolle sie mit einer taktischen Finte irritieren. Sie waren stets davon ausgegangen, dass Kiefer neben Kohlschreiber die Einzel bestreiten würden. Die spanischen Journalisten rechneten mit dieser Kombination auch im Doppel. Womöglich wäre diese Variante auch sinnvoller gewesen.

Denn nach der Erfahrung mit Beck war es nur allzu wahrscheinlich, dass sich auch Mischa Zverev bei seinem ersten Auftritt von der Atmosphäre in der Stierkampfarena würde beeindrucken lassen. „Ich muss das erst mal verarbeiten“, sagte dann auch Zverev betrübt.

Einzig Kohlschreiber fühlte sich in der Riege der Deprimierten ein wenig wie ein Sieger. „Wir haben uns teuer verkauft und stark präsentiert“, erklärte der 25-Jährige und meinte in erster Linie wohl seine eigene Leistung. In beiden Einzeln hatte er beeindruckt, gegen Verdasco am Sonntag schließlich sein bestes Davis-Cup-Match gespielt. Dass er den sicher geglaubten Sieg fast noch aus der Hand gab, bevor er in fünf Sätzen für den 2:2-Ausgleich sorgte, schmälerte diesen Eindruck nicht. Kühnen nannte ihn gar „einen außergewöhnlichen Davis-Cup-Spieler“.

Aber einer von dieser Sorte reichte nicht zum Triumph. Den Debütanten war es kaum zu verdenken, dass sie überfordert waren, und sie werden von der Erfahrung bei künftigen Einsätzen profitieren. Doch Kühnen wird sich fragen müssen, warum es ihm nicht gelang, einen Spieler wie den Wimbledon-Halbfinalisten Thomas Haas zu überzeugen, dass er auf der roten Asche von Marbella eine Stütze gewesen wäre. Und mehr noch, ob ein Viertelfinale in Spanien tatsächlich ein günstiger Zeitpunkt war, um zwei junge Spieler debütieren zu lassen.

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