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Joachim Löw war zufrieden mit der Leistung von Karim Bellarabi - mit seiner Chancenauswertung allerdings nicht.

© dpa

Debüt von Karim Bellarabi: Schnell, ballfertig, glücklos

Der erste Einsatz von Debütant Karim Bellarabi in der EM-Qualifikation gegen Polen machte Hoffnung für die Zukunft. Allerdings vergab der gebürtige Berliner zu viele Chancen. Von Joachim Löw gab es trotzdem ein Lob.

Zehn Minuten vor dem Ende ging Karim Bellarabi gegen Polen wieder in Führung. Bis dahin stand es 3:3 nach Torschüssen, drei für Bellarabi, drei für die gesamte polnische Fußball-Nationalmannschaft. Der Leverkusener versuchte es ein viertes Mal, diesmal aus der Distanz – und scheiterte erneut an Polens Torhüter Wojciech Szczesny. Am Ende machten die Gastgeber aus vier Torschüssen zwei Tore, Bellarabi aus ebenso vielen kein einziges. Aber damit besaß der 24-Jährige in der deutschen Nationalmannschaft an diesem Abend kein Alleinstellungsmerkmal. „Natürlich freue ich mich über mein Debüt, ein Traum geht in Erfüllung“, sagte Karim Bellarabi nach seinem ersten Länderspiel für Deutschland, „aber die Niederlage steht im Vordergrund.“

Bundestrainer Joachim Löw hatte sich schon am Tag vor dem Spiel in Warschau auffallend positiv über den Offensivspieler aus Leverkusen und seine Fertigkeiten geäußert; dass Bellarabi bei seiner ersten Berufung zur Nationalmannschaft dann auch gleich in der Startelf auftauchte, war trotzdem eine ziemliche Überraschung. Weit weniger überraschend war, dass sich Joachim Löw auch nach dem Spiel noch auffallend positiv über ihn ausließ. „Er ist im Laufe des Spiels immer besser geworden“, sagte der Bundestrainer. „Er hat wahnsinnig engagiert gespielt, war agil, unheimlich aktiv.“ Diese Einschätzung wurde auch von anderen Beteiligten geteilt. Toni Kroos zum Beispiel bescheinigte dem Neuling, „ein sehr gutes Spiel“ abgeliefert zu haben.

Karim Bellarabi: "Ich war ein bisschen aufgeregt"

„Ich war schon ein bisschen aufgeregt“, gab Karim Bellarabi zu. Er brauchte eine gewisse Anlaufzeit, wurde dann aber immer selbstbewusster. Auffällig war sein Eifer in der Defensivarbeit. Einige Male entwand er den Polen durch beherzten Zugriff den Ball, ohne dabei seine Kernkompetenz im Offensivspiel entscheidend zu vernachlässigen. „Man hat gesehen, was für Fähigkeiten er hat“, sagte Mario Götze. Karim Bellarabi ist flink und ballfertig und verliert das gegnerische Tor nie aus den Augen. Allerdings stand er mit seinem Pech im Abschluss geradezu prototypisch für den verschwenderischen Umgang der Nationalmannschaft mit ihren Chancen. Trotzdem war der junge Leverkusener, der in Berlin geboren und in einem Bremer Problembezirk aufgewachsen ist, ein Gewinn für die Nationalmannschaft.

Dabei schien seine Nominierung auf den ersten Blick Züge von Aktionismus zu tragen. Bis zum Sommer hat Bellarabi noch bei Eintracht Braunschweig gespielt; und obwohl die Mannschaft aus der Bundesliga abgestiegen ist, ist er dort nur punktuell positiv aufgefallen. Erst nach seiner Rückkehr nach Leverkusen hat Bellarabis Karriere eine ganz andere Dynamik bekommen. In den ersten Wochen der neuen Saison war er die vielleicht auffälligste Erscheinung der Liga. Dass er am ersten Spieltag gegen Borussia Dortmund nach neun Sekunden das schnellste Tor der Bundesligageschichte erzielt hat, hat diese Entwicklung vermutlich entscheidend beschleunigt.

Joachim Löw: "Bellarabi hatte gar keinen anderen Gedanken, als für Deutschland zu spielen"

„Vor ein paar Monaten hätte ich nicht gedacht, dass es so schnell geht“, sagt Bellarabi. Seine persönlichen Umstände haben dazu möglicherweise ebenfalls einen Teil beigetragen. Bellarabi hätte nicht nur für Deutschland spielen können, sondern auch für Marokko, die Heimat seines Vaters, und Ghana, die Heimat seines Stiefvaters. Die Gefahr, dass der Nationalmannschaft wieder einmal ein hoffnungsvolles Talent abhanden kommt, das in Deutschland geboren, aufgewachsen und ausgebildet worden ist, ist mit seinem Einsatz gegen Polen endgültig gebannt. Wobei diese Gefahr wohl gar nicht ernsthaft bestanden hat. „Er hatte gar keinen anderen Gedanken, als für Deutschland zu spielen“, berichtete Bundestrainer Joachim Löw. „Wir brauchten ihn nicht zu beeinflussen.“

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