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Sport: Dem Mythos die Ehre

In Imola wird in diesen Tagen des vor zehn Jahren tödlich verunglückten Ayrton Senna gedacht

Imola. Direkt hinter der Zugbrücke, quasi zur Begrüßung, lächelt Ayrton Senna gütig. Die Formel-1-Legende teilt gleich auch noch ihre Gedanken mit. „Ich habe seit langem viele Pläne, und all diese Pläne werden zu einem Traum. Ich sehe Leute, die durch diesen Traum glücklich werden“, steht auf einem riesigen Plakat, gleich neben dem Foto des dreimaligen Weltmeisters. Der Satz ist von 1993, ein Jahr später war Senna tot, Opfer eines Unfalls in Imola. In einer Ausstellung zu Ehren des Brasilianers im Schloss von Imola wird an den verunglückten Rennfahrer erinnert. Sennas Renn-Overalls, seine Helme, Senna auf Video beim Herumalbern auf einem Jet- Ski – alles aufgereiht in den dunklen Gängen und Räumen des wuchtigen Baus. Die Atmosphäre hat etwas Feierliches, sie passt zu einem Mythos.

„Senna ist ein Mythos, speziell hier in Imola“, sagt Mario Bellini. Er steht vor Sennas erstem Formel-1-Wagen. „Wenn jemand in Imola von Autorennen redet, dann redet er zugleich von Senna“, sagt Bellini. Er kommt aus Imola, er ist ein Senna-Bewunderer. Er hatte natürlich keine Einladung zur offiziellen Ausstellungs-Eröffnung. Die fand am Donnerstagmorgen statt, passend zum Großen Preis von San Marino (Sonntag, 14 Uhr, live in RTL und Premiere), passend zu Sennas zehntem Todestag. Bei der Eröffnung zwängten sich 150 Ehrengäste in die Räume. Die normalen Besucher werden in den nächsten Tagen kommen. Die Senna-Ausstellung gastiert noch bis zum 1. Mai in Imola. Und es werden viele Menschen erwartet. „Senna ist in unseren Herzen“, sagt Franca Rossi, eine Frau Mitte 50.

Die Erinnerung an Senna beherrscht diesen Grand-Prix. Zu einem Gedächtnis-Fußballspiel zwischen den Piloten und der brasilianischen Mannschaft, die 1994 Fußball- Weltmeister wurde (Endstand: 5:5), kamen 6000 Leute. In der Tamburello-Kurve, in der Senna verunglückt ist, stehen seit seinem Todestag immer frische Blumen. Der italienische Fernsehkanal Rai III hat am Donnerstagabend seine Sportsendung mit der Ausstellungseröffnung begonnen.

Inspektor Emilio Noferini hat den Mythos Senna speziell in Imola maßgeblich mitgefördert. Noferini ist ein netter Mann Ende 50 und Chef der Stadtpolizei von Imola. Das war er auch schon 1990, als er Senna überredete, einige tröstende Worte auf eine Kassette zu sprechen. Das Band war für einen 18-jährigen Senna-Fan, der nach einem Motorradunfall in einem Krankenhaus in Imola im Koma lag. Senna testete damals in Imola. Die Eltern des 18-Jährigen baten Noferini, er möge den Piloten um diese Hilfe bitten. „Senna hat es sofort gemacht“, sagt Noferini. Das Band lief die ganze Zeit neben dem Krankenbett, 20 Tage später wachte der Jugendliche auf. Er blieb querschnittsgelähmt, aber er lebte.

Der Mythos um Senna, der Todestag, die Überlegenheit der Ferrari – eigentlich müsste der Grand Prix in Imola die Zuschauer anziehen. Stattdessen wurden bis Donnerstag erst 60 000 Tickets verkauft. Da nützt es auch nichts, dass die Preise um bis zu 40 Prozent gesenkt wurden und dass möglicherweise zum letzten Mal ein Grand Prix in Imola stattfindet. „Wenn 100 000 Zuschauer kommen, wäre das exzellent“, schreibt der „Corriere de Imola“. Vor vier Jahren waren es noch 192 000 Fans. Inspektor Noferini kommt auf jeden Fall. Er hat eine ehrenvolle Aufgabe zu erledigen. Der Polizist wird Viviane Senna, der Schwester des tödlich verunglückten Piloten, eine Kopie des Bandes mit Sennas tröstenden Worten überreichen.

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