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Sport: Den Königsflügel zerstört

Dortmund – Wladimir Kramnik, dem Weltmeister, fiel schließlich keine sinnvolle Verteidigung mehr ein. Er reichte seinem Gegner die Hand und gab auf.

Dortmund – Wladimir Kramnik, dem Weltmeister, fiel schließlich keine sinnvolle Verteidigung mehr ein. Er reichte seinem Gegner die Hand und gab auf. Für seinen Gegner Viswanathan Anand war der letzte Zug auf der Bühne des Dortmunder Schauspielhauses etwas ganz Besonderes: Endlich war er mal der Sieger bei den Schachtagen. Nie zuvor hatte der 34-jährige Inder das Traditionsturnier, das in diesem Jahr zum 32. Mal ausgetragen wurde, gewinnen können. Wie im Halbfinale gegen Peter Leko setzte sich Anand auch gegen Kramnik erst in Stichpartien mit kurzer Bedenkzeit durch, nachdem die vorangegangenen beiden Turnierpartien jeweils remis ausgegangen waren.

Ohnehin endeten in Dortmund 31 der 40 Partien mit langer Bedenkzeit unentschieden. Kramnik und Leko, die im September um die Weltmeisterschaft im so genannten klassischen Schach spielen, trennten sich sogar in ihren jeweils zehn Partien remis. Doch, laut Anand, waren die stundenlangen Kämpfe trotz der hohen Remis-Quote auch meist spannend. „Am Sonnabend zum Beispiel, gegen Kramnik, war es sehr kompliziert, sicherlich hätte ich irgendwie gewinnen können. Am Tag darauf hatte ich einen Bauern weniger und war besorgt", sagte Anand am Sonntagabend, nachdem er den Siegerscheck in Höhe von 10 000 Euro entgegengenommen hatte.

Indiens Sportler des Jahres 2003 verdeutlichte ein weiteres Mal, dass er zurzeit der wohl weltbeste Turnierspieler ist. Dennoch blieb trotz seines Turniersiegs der Abstand zu dem in der Weltrangliste führenden Garry Kasparow konstant. „In Dortmund habe ich keine Weltranglistenpunkte hinzugewonnen." Auch Anand hat, wie er selber einräumt, diesmal etwas zu oft remis gespielt. Doch auf diesem Niveau zu gewinnen, falle schwer, die Entscheidung über Sieg und Niederlage sei meistens abhängig von der Tagesform. Spitzenspieler könnten sich vor allem in der Eröffnungsphase kaum noch überraschen.

„Wir alle sind sehr gute Verteidiger und gehören eben zu dieser Computergeneration, alle haben die gleiche Software. Da ist es schwer, etwas ganz Besonderes zu entdecken.“ Hatte sich Kramnik an den Vortagen noch mehrmals clever aus kritischen Situationen befreien können, so ließ ihn Anand in der entscheidenden Schnellpartie nicht entwischen. Im 22. Zug startete der in Spanien lebende Inder den Angriff (siehe Notation). „Nachdem ich f5 gespielt hatte, reagierte er mit Dame b6. Das war, glaube ich, ein bisschen langsam", sagte Anand. „Nach Dame h3 war sein Königsflügel schon sehr zerstört."

Die Notationen: Anand – Kramnik (2. Schnellpartie, Dortmund 2004) 1. e4 c5 - 2. Sf3 d6 - 3. d4 cxd4 - 4.Sxd4 Sf6 - 5. Sc3 a6 - 6. Le3 e5 - 7. Sb3 Le6 - 8. f3 h5 - 9. Sd5 Lxd5 - 10. exd5 Sbd7 - 11. Dd2 g6 - 12. Sa5 Dc7 - 13. Le2 Lg7 - 14. 0–0–0 Tc8 - 15. Kb1 0–0 - 16. Tc1 e4 - 17. f4 Sc5 - 18. Sb3 Sa4 - 19. c3 Tfe8 - 20. Thf1 Sb6 - 21. c4 Sg4 - 22. f5 Sxe3 - 23. Dxe3 Sd7 - 24. g4 Db6 - 25. Dh3 Sc5 - 26. fxg6 fxg6 - 27. gxh5 Sxb3 - 28. axb3 Dd4 - 29.Tc2 Tf8 - 30.Td1 Df6 - 31.Lg4 1:0.

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