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Kaum zu schultern: Dennis Schröder wird an den Glanzleistungen Nowitzkis bei vergangenen Turnieren gemessen.

© dpa

Basketball-EM: Dennis Schröder: Wenn von einem 21-Jährigen zu viel erwartet wird

Der erst 21 Jahre alte Dennis Schröder wird bereits an den Großtaten Dirk Nowitzkis gemessen - zu unrecht.

Dennis Schröder war nicht nach Philosophieren zu Mute. Der Aufbauspieler der deutschen Basketball-Nationalmannschaft wurde nach dem Vorrunden-Aus bei der EM gefragt, was er im Spiel gegen Spanien hätte besser machen können. „Freiwürfe werfen“, sagte Schröder knapp. Der 21-Jährige hatte in letzter Sekunde den dritten von drei Freiwürfen vergeben, sein Fehlwurf besiegelte die 76:77-Niederlage, das Turnier war für das deutsche Team beendet. „Ich nehme die Schuld auf mich“, sagte Schröder.

Der NBA-Profi von den Atlanta Hawks hat bei seinem ersten großen Turnier eine Menge auf sich nehmen müssen. Schröder sollte Motor und Kopf seiner Mannschaft sein, er sollte Punkten, Tempo machen, das Spiel lenken, aggressiv verteidigen und nicht zuletzt Dirk Nowitzki einsetzen. Schröder spielte mit viel Herz und Einsatz, er wollte Verantwortung übernehmen und scheiterte dabei einige Male an sich selbst. In der Verlängerung gegen Italien unterliefen ihm drei Ballverluste, nach anderen Spielen wurde ihm zum Vorwurf gemacht, zu eigensinnig aufgetreten zu sein. Nach der Niederlage gegen Italien kritisierte er zudem öffentlich Bundestrainer Chris Fleming, einen Tag später entschuldigte er sich für seinen verbalen Ausrutscher.

Basketball ist ein Sport, in dem Zahlen eine große Rolle spielen. Die Turnierbilanz von Schröder liest sich so: 30 Minuten Einsatzzeit pro Spiel, 21 Punkte, sechs Assists, 4,6 Rebounds, 4,2 Ballverluste. Die wichtigsten Zahlen im Hinblick auf Schröders EM-Debüt lauten aber 15, 9 und 1993. Sie bilden sein Geburtsdatum, in drei Tagen wird der gebürtige Braunschweiger gerade einmal 22 Jahre alt.

Schröder wird an den Glanzleistungen Nowitzkis bei vergangenen Turnieren gemessen

Schröders Leistung bei dieser EM lässt sich nicht bewerten, ohne sein Alter zu berücksichtigen. Zum Vergleich: Auch Dirk Nowitzki war bei seiner ersten EM 21 Jahre alt. 1999 erzielte der Würzburger im Schnitt 15 Punkte, die Verantwortung im Team trugen aber erfahrene Nationalspieler wie Patrick Femerling, Henrik Rödl oder Ademola Okulaja. Niemand wäre nach dem Turnier auf die Idee gekommen, dem freundlichen, jungen Schlaks mit dem schönen Wurf Versagen oder mangelnde Führungsqualitäten vorzuwerfen. Bei Schröder ist das anders, er wird auch an den Glanzleistungen Nowitzkis bei vergangenen Turnieren gemessen. Das ist ungerecht – wie jeder Vergleich mit Nowitzki. Zumal Schröder als Spielmacher eine wesentlich zentralere Position einnimmt als Power Forward Nowitzki. Vielleicht spielt bei der Kritik an Schröder auch eine Rolle, dass er extrovertierter auftritt als der immer brave und zurückhaltende Würzburger.

„Natürlich geht er immer noch jedes Mal mit 100 km/h zum Korb“, sagte Nowitzki über seinen Aufbauspieler. „Er muss noch ein bisschen lernen, das Spiel zu lenken.“ Schröders Defizite sind angesichts seiner Jugend aber normal, bereits gegen Spanien unterliefen ihm nur noch zwei Ballverluste. Im Laufe des Turniers bewies er, dass er bereit ist zu lernen und sich coachen zu lassen. Anscheinend hat Dennis Schröder vor, der Nationalmannschaft erst einmal treu zu bleiben und sich nicht allein auf die NBA zu konzentrieren. „Ich hoffe, dass wir alle zusammen bleiben und uns weiter gut verstehen, auf dem Feld und daneben“, sagte er. In dieser Hinsicht macht es Hoffnung, dass gegen Spanien neben Schröder in der entscheidenden Phase mit Maodo Lo (22 Jahre) und Paul Zipser (21) zwei weitere Talente auf dem Feld standen und ihre Sache gut machten. Mit Daniel Theis und Maxi Kleber fehlten bei der EM zwei 23-Jährige, die ebenfalls zum Kern der Nationalmannschaft der Zukunft gehören sollten. Die Lücke, die Nowitzki hinterlässt, ist natürlich riesig. Gemeinsam könnte es der Generation Schröder aber gelingen, sie zu füllen.

„Ich glaube, dass wir interessante, junge Leute dabei haben“, sagte Dirk Nowitzki. Es sei nur schade, dass diese Talente bei ihren Vereinen keine allzu große Rolle einnehmen würden. „Da wird ein bisschen unsere Entwicklung blockiert. Da müssen wir irgendwie eine Lösung finden, wenn wir als Land im Basketball weiterkommen möchten.“ Zumindest um Dennis Schröder muss man sich in dieser Hinsicht wohl keine Sorgen machen. Um den Spielmacher zu beobachten, war der neue Besitzer seines NBA-Klubs samt Chefcoach extra nach Berlin gereist. Bei den Atlanta Hawks scheint mal vollstes Vertrauen zu haben, dass Schröder noch viel besser werden kann.

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