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Sport: Der Bauch hat entschieden

Warum Hockeystar Domke nicht mehr für Deutschland spielt

Hamburg. Bundestrainer Bernhard Peters hatte sich fest vorgenommen, nicht zu klagen. Acht Weltklasse-Stürmer habe er im Kader der deutschen Hockey-Nationalmannschaft. Schlimm genug, dass er nur sechs mitnehmen könne zur Europameisterschaft Anfang September in Barcelona. Doch der neben seinem Chef sitzende Angreifer Christoph Bechmann hielt gar nichts davon, die Dinge schönzureden: „Es ist eine unglaubliche Schwächung für uns, dass er aufgehört hat.“ Er – das ist Oliver Domke, und Domke ist der eigentliche Weltklassespieler unter den Stürmern.

Domke hat in 194 Länderspielen 101 Tore erzielt, unter anderem den Siegtreffer im Finale der Weltmeisterschaft 2002 in Malaysia gegen Australien. Bis auf Weiteres aber wird Domke keine Tore mehr für Deutschland schießen – vor drei Wochen entschied sich der 27 Jahre alte Rüsselsheimer für den Beruf und gegen das Hockey: Er wird am 1. September eine Ausbildung zum Kriminalkommissar beginnen. Es ist der Tag, an dem die EM anfängt. „Da sich mit Hockey nichts verdienen lässt, muss ich irgendwann an meine Zukunft denken“, sagt Domke.

Seine kurzfristige Absage hat einigen Staub aufgewirbelt im deutschen Hockey, nur möchte sich das Peters so kurz vor dem Saisonhöhepunkt nicht anmerken lassen. „Ich kenne Oliver ja, er ist sensibel und ein bisschen ängstlich, er hat sich Hockey und die Polizeischule nicht zugetraut.“ Der auffälligste deutsche Stürmer gilt als stur und immer für eine Überraschung gut – so hatte er sich auch nach der Weltmeisterschaft 1998 in Utrecht um seine Ausbildung gekümmert (damals zum Industriekaufmann) und die EM in Padua ein Jahr später sausen lassen. Deutschland wurde auch ohne ihn Europameister. Dann aber kehrte Domke zurück und erklärte die olympische Goldmedaille in Athen zum Ziel. Die neue Kehrtwendung überraschte nicht nur den Bundestrainer, sondern auch seine Kollegen.

So wurde das traditionelle Hamburger Vierländerturnier an diesem Wochenende der erste echte Test ohne den Ausnahmeangreifer. Zum Turniersieg reichte es nicht. Nach dem 2:2 gegen Spanien am Freitag und dem 3:2 gegen Indien am Samstag gab es gestern nur ein 4:4 gegen Argentinien. Damit ging der Turniersieg an Indien. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass Peters nicht ohne Domke plant. Er hält dessen Rücktritt für eine Bauchentscheidung. „Oliver soll erst mal anfangen, dann gucken wir weiter. Wenn beide Seiten es wollen, ließen sich Hockey und Ausbildung verbinden. Die Polizeischule Hessen wäre sicher kooperativ.“ Das Hintertürchen bleibt also offen für den „Hockeyspieler des Jahres 2002“.

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