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Sport: Der beste Indianer

Handballspieler Petersen gilt als der stärkste Verteidiger der Welt – und steht doch abseits

Berlin. Manche meinen, er sei so blass wie seine Haut. Ihn stört das nicht. „Ich muss mich nicht in jede Talkshow setzen“, sagt Klaus-Dieter Petersen. Es hätte auf Stefan Kretzschmar gemünzt sein können, den Showstar unter den deutschen Handballern. Beide trennen Welten. Doch Kretzschmar hat großen Respekt vor seinem Nationalmannschaftskollegen. „Pitti ist überall da, wo Erfolg ist. Und er ist der größte Arbeiter, den ich kenne“, lobt Kretzschmar.

Kretzschmar wird von Journalisten umlagert, Petersen („Es muss nicht nur Häuptlinge geben, sondern auch Indianer“) steht meist unbeachtet am Rande. Was vielleicht auch daran liegt, dass Kretzschmar spektakuläre Tore wirft, Petersen in der Abwehr malocht. Seine Defensivarbeit ist enorm wirkungsvoll, aber wenig spektakulär. Kürzlich, bei der Weltmeisterschaft in Portugal, stand der 34-Jährige für einen Tag im Mittelpunkt, was ihm peinlich zu sein schien. Er bestritt sein 300. Länderspiel. „Da bestürmten mich so viele Journalisten wie zuvor in den 299 Länderspielen zusammen nicht“, wunderte sich Petersen.

Am Sonnabend, beim Länderspiel in der Max-Schmeling-Halle gegen Island (15 Uhr), zieht Petersen zum 308. Mal das Nationaltrikot über. Rekord-Nationalspieler ist er deswegen noch lange nicht. Das ist Frank-Michael Wahl mit 343 Einsätzen. Ob er den noch überholen könne, wurde Petersen gefragt. „Das ist mir eigentlich ziemlich egal“, sagt Petersen. Zumindest in der Torschützenliste wird er ihn ganz sicher nicht mehr einholen. Wahl hat 1412 Tore geworfen, Petersen bislang nur 249. „Er ist manchmal im Angriff nicht dynamisch genug“, kritisiert Heiner Brand, der Bundestrainer. Den kennt Petersen aus seiner Zeit beim VfL Gummersbach. Sonst ist Brand voll des Lobes. „Er ist der Mannschaftsspieler schlechthin, einer der besten Abwehrspieler der Welt.“

Vom VfL Gummersbach war Petersen, gelernter Energietechniker und Trainer für Sportrehabilitation, zum THW Kiel gewechselt. Bereut hat es der gebürtige Hannoveraner nicht. Mit dem THW wurde er siebenmal Deutscher Meister, zweimal EHF-Cup-Sieger und stand 2000 im Champions-League-Finale. Und bei ihm wird er wohl auch seine Karriere beenden. Der Vertrag läuft 2004 aus. „Solange ich fit bin, spiele ich aber weiter“, sagt der Vater zweier Töchter. Dass dem 197 Zentimeter großen Petersen schwere Verletzungen erspart blieben, ist erstaunlich, steht er doch in der Deckung. Also da, wo es im modernen Handball besonders weh tut.

Weh tat es ihm auch, dass er bei seinem letzten Auftritt in der Max-Schmeling-Halle, dem Supercup 1999, mit Deutschland nur Platz fünf unter sechs Ländern belegte. „Da haben wir ganz schlecht gespielt“, erinnert sich Petersen. An gleicher Stätte will er es am Sonnabend mit seinen Kameraden besser machen. Dann werden andere, wie Stefan Kretzschmar, im Mittelpunkt stehen. Petersen ist’s egal.

Klaus Rocca

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