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Sport: Der böse Geist von Madrid

Barcelona macht Real mit dem 2:1-Sieg noch mehr Angst

Madrid. Zuletzt mussten sie schon an einen geheimen Trainingsort flüchten, die Stars von Real Madrid. Das war vor zwei Wochen, nach der peinlichen 0:3-Heimniederlage gegen CA Osasuna. Die Fans beschimpften ihre geliebten Spieler, und Trainer Carlos Queiroz philosophierte über die Tatsache, dass „Fußball nahe der Hölle“ liege. Am Sonntag war es mal wieder die Hölle für Madrid, denn ausgerechnet der Erzrivale FC Barcelona gewann das so prestigeträchtige Duell gegen Real im Bernabeu-Stadion 2:1.

Die Angst der Madrider, nach dem Scheitern in der Champions League und dem Ausscheiden aus dem spanischen Pokal in dieser Saison gänzlich ohne Titel dazustehen, wird immer größer. Der FC Barcelona dagegen feierte nicht nur den Sieg, sondern auch das 16. Spiel in Folge ohne Punktverlust. Die Katalanen liegen damit nur noch mit vier Punkten Rückstand auf Madrid und fünf Punkten Rückstand auf Spitzenreiter FC Valencia auf Platz drei. Der Erfolg Barcelonas war aber auch so etwas wie eine Demonstration dessen, was bei den in den letzten Jahren vom Erfolg verwöhnten Madridern in dieser Saison alles falsch läuft.

Beispiel Trainerfrage: Barça-Coach Frank Rijkaard reagierte auf den von Real Madrid in der 53. Minute erzielten Führungstreffer prompt, räumte Ronaldinho mehr Bewegungsfreiheit ein und ersetzte Saviola durch Kluivert. Der war erst eine Minute im Spiel, als er das Tor zum Ausgleich schaffte. Und der von da an die Real-Abwehr flächendeckend durcheinander wirbelnde Ronaldinho bereitete schließlich den Siegtreffer vor.

Zuvor allerdings musste Figo den Rasen nach einer Gelb-Roten Karte verlassen. Er war Puyol mit gestrecktem Bein so heftig in die Parade gefahren, dass Barcelonas Verteidiger für den Rest der Saison verletzt ausfällt. Bis zu diesem Zeitpunkt war Real Madrid prinzipiell die spielbestimmende Mannschaft gewesen, auch wenn Ronaldo noch nicht wieder dabei war. Doch wie von Geisterhand gesteuert, unterbrach Figos Abtritt den Spielfluss Madrids. Zidane wirkte kraftlos, Beckham rieb sich in Zweikämpfen auf, und Trainer Queiroz vermochte darauf keine Antwort mehr zu geben.

Viele Fans sehnen sich deshalb zurück zum erfahrenen Fußballtrainer Vicente del Bosque, den Madrids Verantwortliche nach der letzten Saison trotz aller Erfolge entließen, weil er mit seinem burschikosen Äußeren nicht so recht in das Bild eines erfolgreichen Weltunternehmens passen wollte. Dafür kaufte man zwar die teuersten Spieler des Erdballs ein – doch scheint die Harmonie zu fehlen.

Beispiel mannschaftliche Geschlossenheit: Der FC Barcelona zeigte Real Madrid auch deshalb die Grenzen auf, weil es Trainer Rijkaard dort – nach anfänglich geringem Erfolg – inzwischen gelungen ist, ein Ensemble zu formen, dessen kreative Spielfreude bereits an das vor über zehn Jahren von Johan Cruyff geschaffene Team erinnert. Für Rijkaards Fußball-Ziehvater galt stets: Die Mannschaft muss optimal harmonieren – und ein, zwei Spieler müssen dann „den Unterschied markieren“. Das besorgt nun vor allem Ronaldinho, der atemberaubende Solo-Kunststücke mit mannschaftsdienlichem Spiel zu vereinen weiß.

Zieht also der FC Barcelona bald an Madrid vorbei? Jetzt, da auch der neue Ministerpräsident Zapatero ein ausgewiesener Barcelona-Fan ist? Den Sieg hatte der Sozialistenführer jedenfalls richtig vorhergesagt.

Harald Irnberger

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