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Sport: Der böse Sommerwind

Ein Jahr vor den Olympischen Spielen ist Athen mit dem Stadienbau weit hinterher – und auch das Wetter macht Probleme

Athen. Es ist zurzeit mächtig was los in Athen. Das ist kein Wunder, schließlich werden hier am 13. August – also genau in einem Jahr – Olympische Spiele eröffnet. Also wird in der Fünf-Millionen-Metropole gebuddelt, gehämmert – und vielleicht auch gebetet: Denn die Veranstalter sind mit nahezu allem, was bei solch einem Großereignis nun einmal vorbereitet werden muss, gehörig im Verzug.

Neuerdings wird in Athen auch kontrolliert: Vergangenen Donnerstag machte Athens Polizei Jagd auf Autofahrer, die während der Fahrt ihr Handy benutzen. Eine durchaus sinnvolle Aktion mit einer ansehnlichen Ausbeute: 423 Personen wurden gestellt. Garstige Menschen sagen jetzt aber, im nächsten August kann die Polizei sich solche Kontrollen schenken. Denn dann, das haben gleich drei Netzbetreiber jüngst prophezeit, wird in Athen so viel herumtelefoniert, dass das Mobilfunknetz zusammenbricht.

Nun ist es freilich auch so, dass Horrormeldungen aller Art vor Olympischen Spielen prinzipiell Hochkonjunktur haben. Deshalb macht Jacques Rogge vor seinen ersten Sommerspielen als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) sich und den Athenern Mut. „Die Organisation der Spiele ist immer eine schwierige Angelegenheit“, sagt Rogge. „Ich habe noch keine Stadt gesehen, die ein Jahr vor den Spielen fertig war.“ So kann man es natürlich auch sehen. Es ist aber wohl so, dass noch nie eine Stadt ein Jahr vor Beginn der Olympischen Spiele mit den Vorbereitungen derart in Verzug war wie Athen.

Die Auswahl an heiklen Projekten ist üppig: Es gibt den olympischen Stadtring mit seinen großen Lücken. Oder die anhaltenden Bürgerproteste gegen den Bau der Straßenbahnlinie vom Zentrum zum olympischen Komplex im Stadtteil Fáliron. Auf ihren Plänen ziehen die Organisatoren den dünnen gelben Strich weiterhin hartnäckig bis zu dem Küstenvorort durch – ob das letzte Teilstück aber je befahren wird, ist ungewiss. Längst im Reißwolf gelandet sind die Pläne für die S-Bahn-Strecke quer durch Athen. Und wenn – wie beim Olympiastadion – eigentlich nichts getan werden müsste, schmeißt das Organisationskomitee Athoc selbst alles über den Haufen: Das Stadion soll doch noch ein Dach bekommen, Athens August ist schließlich heiß. Niemand weiß, ob das Dach noch rechtzeitig fertig wird.

Bei so vielen Baustellen verliert man bei der Platzierung der Wettkampfstätten schon einmal Jahrtausende alte Wetterphänomene wie die sommerlichen Nordwinde in der Ägäis aus den Augen. Vor einer Woche haben die Stürme beim Olympia-Test an der attischen Ostküste die Ruderer ins Meer geblasen – sofern sie nicht wie die deutschen Athleten wegen einer Salmonellenvergiftung vorher schon abgereist waren. Ministerpräsident Kóstas Simítis beschwerte sich bei Athoc-Chefin Giánna Angelopoúlou-Daskaláki.

Nun hat Kulturminister Evangelos Venizelos die Landsleute aufgerufen, für den Erfolg der Olympischen Spiele zu arbeiten. „Alle Griechen, hier in Griechenland und die, die im Ausland leben, müssen sich zusammenschließen, um 2004 als Sprungbrett für das 21. Jahrhundert zu benutzen“, sagte Venizelos. Der griechische Rundfunk wertete diese Aussage als Versuch, allen an den Vorbereitungen Beteiligten Mut zu machen. Nach Informationen zahlreicher Mitarbeiter ist bei Athoc die Stimmung schlecht – vor allem nach den Problemen bei den Ruder-Tests.

Aber noch hat Athen ja Zeit. Und bis auf das Wetter, fand etwa IOC-Chefinspektor Denis Oswald, sei doch beim Ruder-Test alles in Ordnung gewesen. Weil fast ein Viertel der freiwilligen Helfer nicht in Schiniás aufkreuzte, musste viel improvisiert werden. Oswald umschrieb das höflich: „Die Organisatoren haben große Flexibilität bewiesen.“ Allerdings, so Oswald, dürfe es „weitere unangenehme Überraschungen“ dann in einem Jahr nicht mehr geben. Zweifellos ein frommer Wunsch.

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