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Gleiche Höhe. Die Augsburger (hier Caiuby, links, im Laufduell mit Herthas Weiser) erwiesen sich als gleichwertiger Gegner.

© dpa/Hilse

Hertha BSC und der Rückrundenstart: Der Fluch der guten Tat

Nach der überragenden Hinrunde muss sich Hertha BSC schon für ein 0:0 gegen Augsburg rechtfertigen.

In der vorletzten Minute der regulären Spielzeit warf Pal Dardai seine Strategie noch einmal komplett über den Haufen. Der Trainer von Hertha BSC nahm Vladimir Darida vom Feld, den spielstärksten Mittelfeldspieler aus seinem sogenannten schiefen Dreieck. Für den Tschechen kam Niklas Stark, ein großer, kantiger Kerl, der bei den Berlinern eigentlich als Innenverteidiger geführt wird. Mit diesem Wechsel verabschiedete sich Dardai von der Idee, im Heimspiel gegen den FC Augsburg mit aller Macht auf Sieg zu spielen. Wenn der Tabellendritte (Hertha) auf den Zwölften (Augsburg) trifft, noch dazu im eigenen Stadion, erwartet man das ja eigentlich. Dardai aber ließ seine Spieler kurz vor Schluss auf eher subtile Weise wissen, dass sie doch bitte keine unnötigen Risiken mehr eingehen mögen. „0:0 gegen Augsburg ist nicht schlecht“, sagte der Ungar am Tag danach.

So ähnlich klangen nach dem Rückrundenauftakt der Fußball-Bundesliga eigentlich alle Beteiligten auf Seiten der Berliner. „Fürs erste Spiel war das nicht schlecht“, fand auch Sebastian Langkamp. „Ganz gute Ansätze“ hatte Herthas Innenverteidiger ausgemacht. „Wir haben nicht alles verlernt über die Winterpause.“ Die grundsätzliche Spielidee – viel Initiative, viel Ballbesitz – war durchaus zu erkennen, allein bei der Zuspitzung vor dem Augsburger Tor haperte es. Spieler und Trainer der Berliner konnten mit dem Unentschieden trotzdem ganz gut leben – besser offenbar als das sogenannte Umfeld. „Ihr seid alle traurig wegen des 0:0, oder?“, fragte Dardai beim Pressegespräch am Sonntagmorgen. Er selbst bewertete das Ergebnis als „voll in Ordnung“.

Trainer Pal Dardai sucht die Schuld vor allem bei sich

Für die Fans, vielleicht auch für die Medien, hätte es natürlich gerne so weitergehen dürfen wie vor dem Jahreswechsel, als Hertha in Serie siegte. Vom Europapokal war die Rede gewesen, sogar von der Champions League – da schien ein Gegner wie der FC Augsburg, der bis tief in den Herbst hinein in der Abstiegszone gefangen war, gerade recht zu kommen. Doch die Augsburger erwiesen sich, nicht ganz unerwartet, als deutlich unangenehmer, als es ihr Tabellenplatz hätte vermuten lassen: kompakt in der Defensive, aggressiv in den Zweikämpfen, kompromisslos beim Umschalten. Gegen einen solchen Gegner kann es auch mal richtig blöd laufen. „Man hat jedem Einzelnen angemerkt, dass er nicht viel falsch machen wollte“, gestand Sebastian Langkamp. „Wir haben uns in der Halbzeit gesagt, dass wir sicherlich nicht alles auf Sieg setzen werden.“

Dass ein 0:0 gegen Augsburg vom Publikum mit einer gewissen Enttäuschung und nicht mit nüchterner Geschäftsmäßigkeit zur Kenntnis genommen wird, haben sich die Berliner im Grunde selbst zuzuschreiben. Man könnte auch sagen: Sie haben sich das redlich verdient. Es ist der Fluch ihrer guten Tat. Durch die exzellente Hinrunde sind die Ansprüche gewachsen. „Alle erwarten, dass wir gegen Augsburg drei oder vier null gewinnen“, sagte Kapitän Fabian Lustenberger, der schon wenige Minuten nach dem Spiel seltsame Schwingungen im Stadion wahrgenommen haben wollte. „Man hat den Eindruck, als wenn jetzt schon wieder Krise wäre.“ Lustenberger ist bei diesem Thema aber schon in der Vergangenheit als hypersensibel auffällig geworden. Nach einem Sieg hätte er vermutlich kritisiert, dass jetzt gleich wieder alle durchdrehten und die Bodenhaftung verlören.

Auch wegen der Außenwirkung passte Dardai das torlose Unentschieden ganz gut in den Kram. Bei einem Auftaktsieg, so Herthas Trainer, wäre ihm vermutlich häufiger „die berühmte Journalistenfrage nach der Champions League“ gestellt worden. Einen entsprechenden Versuch in der Pressekonferenz bügelte er recht unwirsch ab. Weder er noch die Spieler hätten von der Champions League gesprochen. Ende der Antwort. „Danke schön.“

Der etwas zähe Auftakt gegen Augsburg, so hofft Dardai, werde der Mannschaft noch einmal die Sinne schärfen. „Die Konzentration bleibt hoch, alle sind fixiert auf ihre Aufgaben“, sagte er. Das gelte im Übrigen auch für das Trainerteam. Dardai bemängelte, dass seine Mannschaft nicht spritzig genug gewesen sei. „Wenn von elf Spielern, acht nicht spritzig sind“, müsse sich vor allem der Trainer fragen, was in der Woche falsch gelaufen sei. So etwas hören die Spieler natürlich gern.

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