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Ganz auf Linie. Bayerns Überraschungs-Keeper Thomas Kraft feierte ein gelungenes Debüt, nicht nur beim gehaltenen Strafstoß. Foto: Reuters

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Sport: Der Held hält

Der neue Bayern-Torwart Thomas Kraft pariert einen Elfmeter – seine Mitspieler erlauben Wolfsburg aber noch das 1:1

Von Christian Otto

Als der Schlusspfiff ertönte, sah sein noch jugendliches Gesicht wie versteinert aus. Thomas Kraft, erst 22 Jahre jung, in der Fußball-Bundesliga völlig unerfahren und dennoch der neue Stammtorhüter des FC Bayern München, konnte das auf ihn einprasselnde Lob nicht genießen. Sein starker Auftritt hatte den Rekordmeister nach einem frühen Tor von Thomas Müller bis zur 86. Minute mit 1:0 in Führung gehalten. Aber Kraft, der zum Start der Rückrunde sein erstes Spiel in der Eliteliga absolvieren durfte, musste sich nach einem fehlerlosen Auftritt doch noch geschlagen geben. Sascha Riether rettete dem VfL Wolfsburg mit seinem späten Tor nach 85 Minuten im Heimspiel gegen die Münchener ein 1:1 (0:1), das die Bayern schwer trifft. Sie verloren wegen eines Fehlers von Bastian Schweinsteiger vor dem 1:1 nicht nur zwei Punkte im Kampf um den Titel, sondern auch Franck Ribéry, der mit einer schweren Knieverletzung früh ausschied.

Die Begegnung vor 30 000 Zuschauern kam einer emotionalen Achterbahnfahrt gleich. „Wir hatten genug Chancen, um dieses Spiel zu gewinnen“, meinte Bayern-Kapitän Philipp Lahm. „Mit dem Teamgeist, den wir heute gezeigt haben, steckt genügend Qualität in uns. Und es wäre sogar noch mehr als das Remis möglich gewesen“, fand Wolfsburgs Manager Dieter Hoeneß. Beide Seiten durften für sich in Anspruch nehmen, die Entscheidung eines packenden Spiels verpasst zu haben. Die Punkteteilung stärkte Wolfsburgs Trainer Steve McClaren. Und die Münchener reden einfach nicht mehr vom Titel, sondern weiter nur von Rang zwei. „Wir haben es wieder nicht geschafft, oben dran zu bleiben“, meinte Bayern-Profi Müller voller Enttäuschung.

Der Münchener Führungstreffer war verdient, aber auch kurios. Wolfsburgs Torhüter Diego Benaglio hatte Müller an der Strafraumgrenze, als er eine harmlose Szene klären wollte, so unglücklich angeschossen, dass der Ball über die Torlinie getrudelt war. Die Vorlage zu diesem Treffer hatte Torhüter Kraft mit einem Abschlag gegeben. Der glückliche Moment des Bundesliga-Neulings sollte nicht das einzige Kuriosum bleiben. Für die Bayern scheiterte Lahm nach 20 Minuten mit einem Foulelfmeter, den Ashkan Dejagah an Danijel Pranjic verursacht hatte, am linken Pfosten. Und den nächsten Knacks bekam das Spiel der Bayern, als Ribéry in der 25. Minute mit schmerzverzerrtem Gesicht vom Platz geführt worden war. Der Franzose hatte sich bei einem Zweikampf mit Josué, der ihm auf den Fuß gestiegen war, das linke Knie verdreht und konnte kaum noch gehen. Der für ihn eingewechselte Arjen Robben brauchte auf dem rutschigen Boden im ausverkauften Wolfsburger Stadion eine lange Anlaufzeit. Und mit dem personellen Umbau schlichen sich Unaufmerksamkeiten in das Bayern-Spiel ein. Vor allem Grafite als einzige Wolfsburger Spitze durfte oft versuchen, Kraft zu bezwingen. Doch der Novize reagierte gegen den Routinier mehrfach glänzend und lenkte in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit sogar noch einen Foulelfmeter von Grafite an die Latte.

Auf Wolfsburger Seite war vor allem zu beklagen, dass Schiedsrichter Manuel Gräfe aus Berlin kurz zuvor ein Freistoßtor von Diego nicht anerkennen mochte, weil Cicero im Abseits gestanden haben soll. Es sollte nur eine von vielen brenzligen Situationen sein, die der debütierende Kraft zu überstehen hatte. Die Entscheidung von Bayern-Trainer Louis van Gaal, den unerfahrenen Schlussmann anstelle von Jörg Butt zum Stammspieler zu befördern, machte sich angesichts der Punkteteilung nur zum Teil bezahlt. „Thomas Kraft ist ein guter Mann, das wissen wir alle. Und der Trainer hat sich seine Entscheidung gut überlegt“, meinte Nationalspieler Müller über die Torhüter-Rochade, die für Irritationen in der Führung der Münchener gesorgt hatte. Van Gaal durfte sich in seiner Entscheidung bestätigt sehen, ist mit seinem Team aber keinen Schritt vorangekommen. „Aber noch sind viele Punkte zu vergeben. Noch ist alles möglich“, meinte der Bayern-Trainer und sprach sich selbst Trost zu.

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