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Sport: Der kalkulierte Verlust

Dortmund braucht dringend Geld für einen neuen Spieler – deshalb darf Lehmann wohl nach London

Dortmund. Montagnacht gerieten die Profis von Borussia Dortmund auf dem Rückweg von der Begegnung im Ligapokal gegen den VfB Stuttgart in eine Vollsperrung auf der A 7. Die heimischen Gefilde erreichten sie erst morgens um viertel nach vier. Kaum aber waren die Stars erwacht, erreichte sie die nächste schlechte Nachricht: Torwart Jens Lehmann (33) werde den Mannschaftsbus wohl nicht mehr in Anspruch nehmen, er stehe vor einem Wechsel zu Arsenal London. Mittlerweile ist der Wechsel wohl beschlossen, nur Details seien noch zu klären.

Der Daily Mirror hatte als erster auf seiner Homepage über das Werben der „Gunners“ berichtet. Arsenals Trainer Arsene Wenger, wolle Lehmann als Nachfolger von David Seaman, den der englische Vizemeister zu Manchester City aufs Altenteil abgeschoben hat. Als Ablöse stünde eine Summe von etwas mehr als einer Million Euro (750 000 Pfund) im Raum. Eine Sensation war die Meldung nicht, in Dortmunder Spielerkreisen hatten schon während des Trainingslagers Gerüchte die Runde gemacht, Lehmann läge ein Angebot aus England vor.

Diese verdichteten sich zusehends, von Beginn an war der Entschluss zum Dementi bei allen Beteiligten nur halbherzig. BVB-Sportmanager Michael Zorc berichtete, ein Angebot aus London erhalten zu haben, „allerdings liegen wir, was die Ablöse betrifft, noch weit auseinander“. Man werde den Keeper ziehen lassen, hieß es, wenn Arsenal mindestens vier Millionen Euro zahlen würde. Mit dem Spieler sei sich Arsenal einig, berichtete der „Evening Standard“. Der Kontrakt habe eine Laufzeit bis 2006, dotiert sei er mit 40 000 Pfund die Woche.

Würde der Deal klappen, und darauf deutet alles hin, verlöre der BVB den besten Keeper der vergangenen Bundesligasaison. Auf der anderen Seite hätten die Dortmunder einige offene Fragen elegant gelöst, schließlich sind mit dem Transfer des Nationalspielers noch eine ganze Reihe anderer Personalien verknüpft. Da ist zum einen Roman Weidenfeller (22), der zweite Mann zwischen den Pfosten des Meisters von 2002. Der ist genau wie sein derzeitiger Konkurrent ein extrem ehrgeiziger Profi. Rund um das Westfalenstadion weiß jeder, wie gespannt das Verhältnis zwischen den beiden Torhütern ist. Schon in der Vergangenheit hat Weidenfeller immer wieder gestichelt, zuletzt hat er zu Protokoll gegeben, „mit uns beiden geht das nicht mehr lange gut“. Würde Lehmann seinen Vertrag beim BVB bis 2004 erfüllen und der BVB gar noch einmal verlängern, wäre der Knall programmiert und somit die Gefahr groß gewesen, den hochveranlagten Weidenfeller zu verlieren.

Zudem bekämen die Dortmunder beim Wechsel Lehmanns Geld in die Kasse, das sie dringend brauchen. Es ist verblüffend, wie genau der Verein, der in den vergangenen Jahren für Spieler wie Amoroso, Ewerthon, Rosicky, Koller oder Frings weit über hundert Millionen Mark investierte, mittlerweile auf jeden Euro schauen muss. Das liegt vor allem daran, dass der Klub derzeit vor allem in Steine investiert und dadurch das Geld für Beine fehlt. 40 Millionen Euro beträgt das Investitionsvolumen für den Ausbau des Westfalenstadions, zwölf Millionen kostet das neue Trainingsgelände.

Mit Malte Metzelder und dem Dänen Niclas Jensen hat Borussia Dortmund lediglich zwei Unbekannte verpflichtet und sich damit auf dem Transfermarkt so moderat bewegt wie schon seit vielen Jahren nicht mehr. Doch nach den Kreuzbandrissen von Evanilson und Frings besteht Handlungsbedarf. „Sonst brauchen wir gar nicht in die Saison zu gehen", sagt Trainer Sammer. Das Risiko, den Leistungsträger im Tor abzugeben, wird für den BVB kalkulierbar, wenn er durch die Millioneneinnahme neuen Handlungsspielraum gewinnt. Sammer will „eine schnelle Entscheidung, schließlich wollen wir in Europa alles gewinnen“. Den Wunsch des Trainers kann Pressesprecher Schneck nachvollziehen, „alle sind interessiert, die Personalie vom Tisch zu bekommen. Am besten bis zum Wochenende“.

Für einen wie Lehmann, sagt Sammer, „müssten wir eigentlich die angebotenen 2,1 Millionen Euro plus Patrick Viera bekommen, wenn es sonst keine Verstärkungen gibt“. Da dieser Wunsch wohl Utopie bleiben wird, werden die Dortmunder möglichst viel Geld für Lehmann herausholen und schnell neu investieren. Nachgedacht wird über die Rückkehr von Steffen Freund von den Tottenham Hotspurs oder die Verpflichtung des Portugiesen Flavio Conceicao auf Leihbasis. Den brauchen sie bei Real Madrid nicht mehr, weil sie beim spanischen Meister die rechte Seite mit Figo und Beckham gar nicht so schlecht besetzt haben.

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