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Sport: Der König ist tot

Oliver Kahn wird in den nächsten Tagen das bekommen, was er nie haben wollte – Mitleid in rauen Mengen. Mitleid ist der Lohn der Verlierer, und Oliver Kahn ist jetzt ein großer Verlierer.

Oliver Kahn wird in den nächsten Tagen das bekommen, was er nie haben wollte – Mitleid in rauen Mengen. Mitleid ist der Lohn der Verlierer, und Oliver Kahn ist jetzt ein großer Verlierer. Die Entscheidung von Bundestrainer Jürgen Klinsmann für Jens Lehmann nimmt Kahn die Möglichkeit, seine Karriere passend zu Ende zu bringen und einen Auftrag zu erfüllen, den er sich vor vier Jahren selbst erteilt hat. Im WM-Finale 2002 ließ Oliver Kahn einen harmlosen Schuss vor die Füße von Ronaldo abprallen und leitete damit die Niederlage seiner Mannschaft ein. Seitdem ist der Torhüter davon besessen, diesen Fehler wiedergutzumachen. Er wird wohl keine Gelegenheit dazu bekommen.

Vor allem in der Rückschau wirken der Torwartstreit und sein Ende wie die geplante Demontage des alten Machthabers Oliver Kahn. Wollte Klinsmann nicht immer schon Lehmann zur Nummer eins machen? Und hat er sein Ziel nicht eindrucksvoll erreicht? Er hat den König gestürzt, ohne dass das Fußballvolk revoltiert.

Lothar Matthäus hat seinen Intimfeind Jürgen Klinsmann einmal einen Killer genannt. Es war eine etwas drastische Umschreibung dafür, dass Klinsmann seinen festen Willen hat – und dass er den unter allen Umständen durchsetzt. Zu diesem Zweck hat der Bundestrainer für die Torhüter einen Konkurrenzkampf erfunden, in dem Kahn nichts gewinnen konnte: Selbst im günstigsten Fall wäre für ihn alles so geblieben, wie es war. Klinsmann hat Kahn geopfert, um seinen Willen durchzusetzen. Er musste ihn opfern. Es war die einzige Möglichkeit, Jens Lehmann zum neuen König zu krönen.

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