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Sport: Der machtlose Spielmacher

NACHSPIEL Stefan Hermanns über den Abschied von Michael Ballack aus Leverkusen Was ist schlimmer: Im letzten und entscheidenden Saisonspiel mit einem Eigentor die Meisterschaft gegen die eigene Mannschaft zu entscheiden? Oder im letzten und entscheidenden Saisonspiel zwei Tore zum Sieg der eigenen Mannschaft zu schießen und trotzdem nicht Meister zu werden?

NACHSPIEL

Stefan Hermanns über den Abschied von Michael Ballack aus Leverkusen

Was ist schlimmer: Im letzten und entscheidenden Saisonspiel mit einem Eigentor die Meisterschaft gegen die eigene Mannschaft zu entscheiden? Oder im letzten und entscheidenden Saisonspiel zwei Tore zum Sieg der eigenen Mannschaft zu schießen und trotzdem nicht Meister zu werden? Michael Ballack könnte diese Frage beantworten. Ihm ist beides widerfahren. Das Eigentor vor zwei Jahren im inzwischen sagenumwobenen Sportpark zu Unterhaching und am Samstag die beiden Tore zu Bayers finalem 2:1-Sieg gegen Hertha BSC, der dann doch nicht den Titel brachte.

Nach allgemeiner Sprachregelung war Michael Ballack der beste Spieler der gerade zu Ende gegangenen Saison: Er hat 17 Tore erzielt, die deutsche Nationalmannschaft gegen die Ukraine fast alleine zur Weltmeisterschaft geschossen, hat gegen Manchester mit einer Fußverletzung auch noch erfolgreich gegen sein Image angespielt, ein Schwächling zu sein, er steht im DFB-Pokalfinale und im Endspiel der Champions League. Und trotzdem ist Ballack wieder nur der tragische Held. Gegen Hertha hätte er noch einmal 17 Tore schießen können, alle per Fallrückzieher – und nichts hätte sich geändert. Das Schlimmste für einen Spielmacher ist, wenn er nichts machen kann. „Einfach nur frustrierend“ fand er die Entscheidung gegen Bayer. Vor drei Wochen hatte die Mannschaft fünf Punkte Vorsprung auf die Konkurrenz. Die hat das Team leichtfertig verspielt. „Wir müssen die Schuld bei uns selber suchen“, sagt Ballack. Das ehrt ihn.

Auch der beste Spieler der Saison hat den Fluch des Brasilianers Emerson nicht besiegen können. Emerson hatte Bayer vor zwei Jahren in Unterhaching prophezeit, die Mannschaft werde nie, nie, nie einen Titel holen. Anschließend ging er nach Rom, Stefan Beinlich nach Berlin, und vom besten Mittelfeld der Liga war nur noch Michael Ballack übrig geblieben. Damals hieß es, dass Bayer eine solche Chance wohl nie wieder bekommen werde. Am Ende dieser Saison geht Michael Ballack, vielleicht auch Zé Roberto, und jetzt sagen alle, dass Bayer wohl nie wieder eine solche Chance bekommen werde wie in diesem Jahr. Wahrscheinlich wird die Mannschaft in der Saison 2003/04 wieder Zweiter.

Michael Ballack ist am Samstag von den Fans in der Bayarena gefeiert worden. Anders als Herthas Anhänger bei Sebastian Deisler haben die Leverkusener seinen Wechsel zu den Bayern längst akzeptiert. Natürlich sind sie nicht glücklich darüber, aber sie haben registriert, dass der Mittelfeldspieler bis zuletzt alles für seinen Verein gegeben hat. Am Samstag nach dem Schlusspfiff hat Michael Ballack sogar ausgiebig geweint.

Vermutlich geht er auch deshalb zu den Bayern, um sich solche Erfahrungen künftig zu ersparen.

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