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Sport: Der Meister lässt sich nicht beeindrucken

Handball-Spitzenspiel in der Kölnarena: Vor 19 250 Zuschauern schlägt Kiel den VfL Gummersbach 34:32

Der VfL Gummersbach hatte hoffnungslos zurückgelegen, mit bis zu sieben Toren gegen die Favoriten vom THW Kiel, das Spiel schien verloren, aber 150 Sekunden vor der Schlusssirene bricht doch noch ein akustischer Orkan los in der mit 19 250 Zuschauern ausverkauften Kölnarena. Daniel Narcisse, der überragende Mann beim VfL an diesem Abend, kämpft sich durch und trifft zum 30:31. Doch mit der Gefühllosigkeit einer Maschine schlagen die Kieler zurück; nur acht Sekunden später trifft Kreisläufer Marcus Ahlm, und auch den nächsten VfL-Treffer durch Kyung-Shin Yoon kontern die souveränen Kieler im Stile einer Weltklassemannschaft. Am Schluss steht es 32:34 (14:16), und die Kieler tanzen einen Reigen auf dem Spielfeld, während die Gummersbacher die Köpfe hängen lassen.

„Wir haben unendlich kalt gespielt“, sagte der Kieler Marcus Ahlm. „Die Chance war noch da, aber wir haben zum Schluss wichtige Bälle verworfen“, meinte enttäuscht VfL-Star Gudjon Valur Sigurdsson. Mit diesem Sieg hat der Tabellenführer seinen Vorsprung ausgebaut, während Gummersbach auf Platz drei zurückfällt.

Die grundverschiedenen Ausrichtungen der Teams offenbarten sich mit der ersten Sekunde. Der VfL versuchte es mit einer Einschläferungstaktik und spielte die Angriffe so lang wie möglich aus. So hielten die Gummersbacher das Spiel offen bis zum 3:3 in der siebten Minute, das Yoon bei einem Tempogegenstoß erzielte. Aber dann wirkte es so, als zündete der Deutsche Meister eine neue Geschwindigkeitsstufe und überrannte den Rekordmeister mit schier unglaublicher Offensivwucht. Aufbauend auf ein paar technischen Fehlern, stand es nur vier Minuten später plötzlich 3:8 – ungeachtet der bis dahin vier Paraden des gut aufgelegten VfL-Keepers Steinar Ege. Die blitzschnellen Spielzüge der Kieler nahmen den Zuschauern den Atem – und nicht wenige fühlten sich schon erinnert an das Debakel von 2002, als der VfL gegen die schnelle Mitte des TBV Lemgo keine Mittel gefunden hatte.

Doch allmählich gewöhnte sich der VfL an den „High-Speed-Handball“ (THW-Manager Schwenker) der Kieler – und fand nun, da die Kieler zum Positionsspiel gezwungen wurden, auch wieder Anschluss. Zwar erwies sich Linkshänder Yoon während des gesamten Spiels als Totalausfall (nur vier Tore). Aber vor allem die überragende individuelle Klasse Narcisses nährte nun wieder die Hoffnungen der Zuschauer – der 26jährige Franzose erzielte in den ersten 30 Minuten allein 7 der 14 Gummersbacher Tore. Trotz aller Kampfbereitschaft des Gastgebers war der Zwei- Tore-Rückstand, den der Isländer Gudjon Valur Sigurdsson sechs Sekunden vor der Pause herstellte, doch schmeichelhaft.

Nach der Pause drehte Kiel dann erneut unversehens auf und erhöhte binnen vier Minuten auf 14:20. Der zunächst geschockte Gastgeber jedoch kämpfte sich wieder heran, unterstützt von den fanatischen Zuschauern. Aber selbst in Unterzahl bestraften die Kieler, die individuell eine Nuance besser waren, jeden Fehler des Rekordmeisters. „Die letzten zehn Minuten waren spannend, aber wir haben immer geführt und nie das Tempo rausgenommen“, sagte Kiels Coach Zvonimir Serdarusic. Auch sein Pendant beim VfL, Velko Kljaic, erkannte die Überlegenheit des Gastes an: „Kiel hat den Sieg verdient. Meine Spieler sind zu brav. Uns haben die Rambo-Typen gefehlt.“

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