zum Hauptinhalt
Konstante an der Bande. Acht Jahre lang coachte Chernomaz Frankfurt. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Sport: Der Philosoph mit der Axt

Trainer Chernomaz steht im Eishockey für Konstanz und Erfolg – nun soll er Ingolstadt nach oben führen

Berlin - Rich Chernomaz hat in den jüngsten Tagen das gemacht, was er am besten kann. Der Kanadier hat als Eishockeytrainer gearbeitet. Allerdings nicht dort, wo er hingehört. Er hat den Nachwuchs in Bad Nauheim betreut. Das war eine schöne Sache für den unterklassigen hessischen Provinzverein, aber gleichzeitig auch eine Angelegenheit von vorhersehbar kurzer Dauer: Chernomaz hat sich nach dem plötzlichen Aus bei seinem insolvent gegangenen Arbeitgeber Frankfurt Lions aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) in Bad Nauheim fit gehalten. Er habe Geduld, hatte er gesagt, es werde sich schon etwas anbieten. Gerade mal elf Spieltage hat es gedauert, da musste in der DEL schon der erste Trainer gehen – und Chernomaz konnte kommen, zum ERC Ingolstadt.

Als Nachfolger von Greg Thomson unterschrieb der Kanadier für zwei Jahre in Bayern. Glück für Ingolstadt, Pech für die anderen Klubs, bei denen früh in der Saison die Übungsleiter kurz vor ihrer Demission stehen. Beim Tabellenletzten Kölner Haie wurde Chernomaz bereits als Nachfolger von Bill Stewart gehandelt. Kein Wunder, schließlich war er der prominenteste Trainer, der im Lande zu haben war. „Ich bin mir absolut sicher, dass wir die richtige Wahl getroffen haben“, sagt Ingolstadts Sportdirektor Jim Boni.

Mit den Kölner Haien holte Chernomaz im Jahr 2002 deren vorerst letzten Meistertitel, in der Saison 2003/2004 ging er zu den Frankfurt Lions und schlug in der Finalserie die favorisierten Eisbären Berlin. Unter Chernomaz wurden die Frankfurter eine Konstante in der DEL – wie ihr Trainer. Keiner hat bis zum Aus in Frankfurt so lange einen Klub betreut wie Chernomaz. Doch das ist vorbei. In der Geschäftsstelle der Lions residiert nun ein Frisörbetrieb. Chernomaz will davon nichts hören. Die Pleite der Lions, in die sie nach dem Tode ihres allmächtigen Geschäftsführers Gerhard Schröder geschlittert sind, ärgert ihn. „Die Frankfurt Lions waren eine Marke in der Liga“, sagt er, „es ist nicht nur schade für mich, sondern die Liga, dass es den Klub nicht mehr gibt.“

Nun also geht es für den 47 Jahre alten Mann mit den herben Gesichtszügen in Ingolstadt weiter. Die Konkurrenz darf sich fürchten vor dem in der Vergangenheit zwar nicht erfolglosen aber profillosen Klub aus der bayrischen Retortenstadt: Mit Chernomaz kommt im Normalfall der Erfolg. Harte Arbeit ist sein Motto, so wie er das auch schon als Spieler praktiziert hat. Als Profi war er ein Kämpfer, die Narben in seinem Gesicht zeigen die Spuren. Auch als Coach ließ er seine Teams in Schwenningen, Augsburg, Köln und Frankfurt an der Schmerzgrenze des Regelwerks agieren. In Köln haben ihn ein paar Journalisten daher einst als „die Axt von Manitoba“ getauft.

Deswegen ist er mit anderen Trainern auch schon mal aneinandergeraten – etwa vor drei Jahren mit seinem damaligen Berliner Kollegen Pierre Pagé. Der hatte vor den Pre-Play-offs die Frankfurter unfairer Gangart bezichtigt. Eine verbale Replik von Chernomaz gab es nicht, dafür hängte der Trainer einen Spruch von Pagé in der Frankfurter Mannschaftskabine auf. Dort stand geschrieben: „Frankfurt ist ein aggressives Team, das viele Strafzeiten nimmt.“ Was Chernomaz damit erreichen wollte? „Darüber können sich andere Gedanken machen“, sagte er. Die Frankfurter gewannen schließlich die Serie gegen die Eisbären. „Man muss seine Spieler jeden Tag motivieren, immer einen neuen Weg der Ansprache finden.“ So laute seine Philosophie. Und: „Du hast nur die Spieler, die du hast. Wichtig ist, dass du ihnen keine Möglichkeit der Entschuldigung für eine schlechte Leistung gibst.“

Sollte sein Debüt hinter der Bande in Ingolstadt misslingen, kann er nicht anführen, dass er keine Zeit hatte, sein neues Personal ausreichend kennenzulernen: Ingolstadt hat am Wochenende spielfrei. Das erste Spiel unter Chernomaz gibt es erst am Dienstag, gegen Wolfsburg. Rich Chernomaz ist optimistisch, dass es mit ihm etwas wird in Ingolstadt. Die Mannschaft habe großes Potenzial, befindet der Trainer: „Und das wollen wir gemeinsam ausschöpfen – durch harte Arbeit.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false