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Gestatten, Weltmeister. Der Kugelstoßer David Storl verteidigte in Moskau seinen Titel von Daegu erfolgreich. Foto: dpa

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Sport: Der schnellste Mann im Ring

Erneut zeigt Kugelstoß-Weltmeister David Storl seine beste Leistung zum wichtigsten Zeitpunkt.

Als am Freitagabend die Kugelstoßer vor ihrem Kräftemessen um die Medaillen gleich im Dutzend aufgetreten sind, zeigte sich auch Usain Bolt von dem Bild beeindruckt. Der schnellste Show-Mann der Welt, der wie die Schwergewichte im so genannten Call-Room auf seinen Einsatz wartete, habe spontan einen Kugelstoß imitiert, berichtete David Storl nach seiner Goldmedaille amüsiert. Die Pose passte auf keinen Eisenbeweger besser als auf den erfolgreichen Titelverteidiger. Denn David Storl ist der schnellste Mann im Ring.

Ein Grund für die zweite WM-Goldmedaille des Chemnitzers liegt in der optimalen Umsetzung der physikalischen Formel: Kraft ist Masse mal Beschleunigung. Auf 127 oder 128 Kilo hat Storl sein Kampfgewicht gesteigert, „alles entwickelt sich planmäßig“, sagte der 23-Jährige und fügte hinzu: „Die Kunst ist, trotzdem schnell zu bleiben.“ Das ist Storl gelungen. Für 30 Meter brauche er mit fliegendem Start 2,99 Sekunden.

Der zweite Grund, dass es nun schon im dritten Jahr hintereinander mit der Topform zum Jahreshöhepunkt geklappt hat, sind Storls Nehmerqualitäten und sein unerschütterlicher Glauben an den perfekten Leistungsaufbau durch seinen Trainer Sven Lang. „Ich weiß, dass zum Saisonhöhepunkt alles passt“, lobte Storl den Kugelstoßexperten, der auch Christina Schwanitz zu WM-Silber führte. Storl gab aber zu, dass es schon schwer sei, die halbe Saison über einkalkulierte Niederlagen hinnehmen zu müssen. „Für mich ist es manchmal hart, bei einem Meeting unter meinem Niveau wegzugehen, wenn ich im Training schon weiter bin, es aber nicht zeigen kann“, sagte Storl.

Wie 2011, als er in Daegu jüngster Kugelstoß-Weltmeister in der bisherigen Geschichte wurde, und wie 2012, als ihm nur drei Zentimeter zu olympischem Gold fehlten, zahlte sich die Geduld wieder einmal aus. Mit 21,71 Metern gab er auch Ryan Whiting das Nachsehen, der bislang die fünf weitesten Stöße des Jahres zu Buche stehen hatte. Als es darauf ankam, musste sich der US-Amerikaner mit 21,57 Metern begnügen. Das reichte nur zu Rang zwei, weil der vom US-Team eingereichte Prostest gegen die Wertung von Storls Sieg-Stoß abgelehnt wurde.

Nur kurzzeitig stand der Erfolg infrage, als sein vierter Versuch unerklärlicherweise zunächst ungültig gewertet worden war. „Mit den Fotos war dann aber alles geklärt“, erzählte Storl. Mithilfe der Aufnahmen des Reuters-Fotografen Kai Pfaffenbach konnte er dem Kampfgericht nachweisen, dass er die Oberkante des Balkens nicht berührt hatte. „Ich hätte die Kampfrichter auch ohne das Foto überzeugt, sich das Video anzuschauen und zu sagen, dass der Versuch gültig ist“, betonte Storl. Trainer Sven Lang lobte: „Er hat gezeigt, dass er ein selbstbewusster Mann ist, der sich wehren kann.“

David Storl gab zu, dass er sich in diesem nacholympischen Jahr mehr überwinden musste, an die Grenzen zu gehen, als in den beiden vorherigen. Nach einer schöpferischen Pause im Winter, als er die Hallensaison sausen ließ, hatte ihm lange die richtige Einstellung gefehlt. Selbst in der Qualifikation bei dieser WM fehlte ihm noch der notwendige Kick für Höchstleistungen. Dann kam das Finale.

„Das war der erste Wettkampf, bei dem ich wieder Spaß hatte. Die Meetings davor waren wie zum Arbeiten gehen“, sagte Storl. In den kommenden Wochen will er noch etwas nachholen, das er in Moskau versäumt hat: 22 Meter stoßen.

Reinhard Sogl[Moskau]

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