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Sport: Der Schumacher auf zwei Rädern

Valentino Rossi, Motorradfahrer mit dem Hang zur Selbstinszenierung, siegt zum Weltmeisterschaftsauftakt in Jerez

Berlin - An den harten Zweikämpfen, die nicht selten am Rande der Legalität abliefen, ist im vergangenen Jahr eine Freundschaft zerbrochen. Damals wurde der Italiener Valentino Rossi zum dritten Mal hintereinander Weltmeister in der Moto-GP-Klasse, der Spanier Sete Gibernau zum zweiten Mal hinter ihm Zweiter. Viele Fans hatten gehofft, dass die beiden Motorradfahrer sich abseits der Rennstrecken wieder ein wenig näher kommen würden. Das aber dürfte sich seit gestern erledigt haben.

Gleich zum Auftakt der neuen WM-Saison in Jerez passierte bereits all das wieder, was den Streit einst ausgelöst hatte. Nach mehreren Führungswechseln in der letzten Runde und einem Kontakt der beiden Rivalen in der letzten Kurve, setzte sich Rossi mit Brachialgewalt gegen den Lokalmatador durch und feierte seinen 32. Sieg im 49. Rennen seit Einführung dieser Klasse 2002. Die Szene kurz vor Schluss erhitzte die Gemüter der spanischen Zuschauer, denn Rossi war nach einem Fahrfehler aus der zweiten Position mit hoher Geschwindigkeit innen in die letzte Kurve gefahren. Die Fliehkraft drückte ihn nach außen gegen Gibernau, der vom Druck mit seiner Honda ins Kiesbett getrieben wurde. Rossi, der Seriensieger und Top-Verdiener in der Motorradszene, war seiner Favoritenrolle auf den siebenten WM-Titel gerecht geworden.

„Es sind Tage wie diese, die mir diesen Sport versüßen“, sagte Rossi. An Zweikämpfen dieser besonderen Art erfreut sich der 26-Jährige jedesmal noch lange im Nachhinein, wenn er über die Fortsetzung seiner Motorrad-Karriere nachdenkt. Erreicht hat er alles. Rossi gewann nach dem Briten Phil Read als zweiter Fahrer die WM-Titel in den wichtigsten Klassen (125 ccm, 250 ccm, 500 ccm) und seit 2002 setzte er auch die Maßstäbe in der neu eingeführten Moto- GP-Klasse.

„Ich betrachte mich als Künstler“, sagte Rossi einmal. Er bedient die Fans entsprechend, speziell auf den Ehrenrunden – mal verkleidet er sich als Sträfling, mal nimmt er eine Sexpuppe auf dem Sitz mit, mal fährt er direkt zum Toilettenhäuschen. Und auf dem Bauch hat er sich, seinen Speed konterkarierend, eine Schnecke mit seiner Startnummer 46 tätowiert. Dennoch fällt es dem Meister der Selbstinszenierung zunehmend schwerer, Neues zu finden. Dann kam die Sache mit Ferrari. Als Rossi auf der Teststrecke in Fiorano ein paar Runden drehte und hernach von „einem unbeschreiblichen Gefühl“ sprach, wurde bereits über die neue Herausforderung in der Formel 1 gemutmaßt. Rossi an der Seite von Michael Schumacher, Rossi nur drei Sekunden langsamer als der Formel-1-Weltmeister – die Schlagzeilen erwiesen sich als PR-Gag. „Ich war einfach zu langsam“, gab er zu.

Seitdem begnügt er sich mit der Rolle eines Michael Schumacher auf zwei Rädern. In einem Punkt hat er den Formel-1-Weltmeister sogar übertroffen. Würde der Deutsche plötzlich im bisher hoffnungslos unterlegenen Minardi zur WM antreten, hätte er trotz seines überragenden Könnens keine Chance. Rossi aber wechselte 2002 von der Top-Marke Honda zum bisher stets hinterher fahrenden Yamaha-Team – und wurde sofort nach neun Siegen Weltmeister. Seit seinem Wechsel verfolgt er seinen Plan, die einstigen Teamkollegen vorzuführen, mit verblüffender Konstanz. Es gipfelt im Kampf gegen Sete Gibernau. Dabei ist eine Freundschaft eher hinderlich.

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