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Sport: Der Tanz des jungen Footballers

Samuel Taulealea aus Samoa wollte Surfer werden – nun spielt er bei Thunder

Berlin - Die Vorstellung sprengt jeden Rahmen: Ein 154 Kilogramm schwerer Wellenreiter surft an der Küste vor Hawaii und geht dann in seine Strandbar, um seinen Gästen Getränke zu servieren. Genau das ist der Traum von Samuel Taulealea, und er teilt ihn mit vielen jungen Hawaiianern. Weil es mit dem Gewicht aber nie zum Profisurfer gereicht hat, entschied sich Taulealea im College für das Footballspielen und versucht seither als Defense Tackle den gegnerischen Quarterback bei den Spielzügen zu stören oder sogar zu Fall zu bringen. Derzeit muss der 25-Jährige seiner Ersatzleidenschaft jedoch weit weg von zu Hause nachgehen. Morgen tritt er mit Berlin Thunder im Olympiastadion gegen die Cologne Centurions (Kickoff 18 Uhr) an.

Trotz seiner imposanten Erscheinung hat der 25-jährige Verteidigungsspieler ein sanftes Wesen. Er spricht leise, lacht oft und begegnet einem mit einer Gelassenheit, die im Football selten ist. Es ist die Lockerheit der Südsee, und es ist eine Art, die er von seinen Eltern geerbt hat. Die kommen wie er und seine vier Schwestern ursprünglich aus Samoa. Von dort hat er auch seinen Namen mitgebracht.

„Der Name ist aus einer Sage entstanden“, erzählt Taulealea. „Eigentlich heiße ich Taule’a le’a usu nai ole tagaloa.“ Mit weicher Stimme erzählt er die Legende eines Urahns. Danach gab es im Gewässer zwischen Tonga und Samoa einen bösen Hai, der jeden fraß, der von einer Insel zur anderen wollte. Daher versprach der Stammeschef demjenigen seine schöne Tochter, der den Hai töten würde. Viele versuchten es mit großer Mannschaft und wurden doch gefressen. Bis ein junger Mann allein losfuhr, den Hai mit einem blutigen Blatt täuschte und mit dessen Kopf zurückkehrte. Daraufhin sagte der Chef zu ihm: Komm, junger Mann, sing und tanz für mich. „Genau das heißt die Langform meines Namens“, sagt Taulealea und lehnt sich zurück. Doch nicht alle Traditionen konnte Taulealea in der NFL Europe beibehalten. „Ich musste mir die Haare abschneiden. Die gingen bis zum Hintern. Das ist Tradition bei Soldaten in der Südsee.“

Es ist der Preis für eine NFL-Karriere, die er eigentlich schon abgeschrieben hatte. „2003 hat mich ein Freund noch mal motiviert.“ Damals war Taulealea Kellner in einer Bar. „Ich habe das Feuer in den Augen der Kinder gesehen, die er trainiert hat. Ich habe meinen Hintern bewegt und Gewicht verloren.“

Jetzt quält er sich in Deutschland für die NFL und freut sich hier vor allem über das Essen. Und wenn es für Profifootball nicht reicht? „Dann nehme ich ein Auszeit und meditiere.“ Dann würde er eine Strandbar eröffnen und noch einmal fürs Surfen abnehmen. Eine Tradition will er aber vorher in Berlin noch ausleben. Wenn er den ersten Quarterback zu Boden gebracht hat, also einen Sack geschafft hat, wird er im Olympiastadion den Sasa tanzen – den berühmten Kriegstanz aus Samoa.

Ingo Wolff

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