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Sport: Der Trainer bleibt allein

Wie Herthas Verantwortliche auf die Niederlage reagieren

Berlin. Kein Gruß. Keine Geste. Huub Stevens schnappt sich schweigend seinen Autoschlüssel, stellt das Weinglas zur Seite und verlässt den VipRaum. Es ist 19.48 Uhr. Der Fernseher läuft. Lottozahlen. Im Stadion werden die Flutlichter ausgeschaltet.

Huub Stevens hat jetzt Feierabend.

Für den Vorstand scheint die Arbeit da noch voll im Gange zu sein. Als Stevens nach dem Abpfiff noch im Kabinengang herumläuft, den Mikrofonen ausweicht, da sitzen Herthas Präsident Bernd Schiphorst und sein Kollege Rupert Scholz, der Aufsichtsratsvorsitzende, in der Vip-Loge. Die Krabbencocktails lehnen sie dankend ab. „Kein Kommentar“, sagen sie nur, als sie gegen 18 Uhr das Stadion verlassen. Manager Dieter Hoeneß ist noch nicht da.

Später wird der Abend an Brisanz gewinnen. Da wird Scholz sagen: „Ich habe volles Verständnis für die Fans. Die Lage ist ernst. Wir müssen erst mal noch über die Sache schlafen.“ Und dann: „Natürlich müssen wir jetzt was machen.“ Was? Den Trainer entlassen? Und wann? Schon heute? Im Vip-Raum kursieren immer mehr und immer schneller die Gerüchte.

Zumindest zwei Dinge stehen am Abend fest: Am Montagabend wird sich Herthas Beteiligungsausschuss zusammensetzen. Dieser beruft und kontrolliert die Kapitalgesellschaft und setzt die Geschäftsführer ein. Dem Ausschuss gehören sämtliche Aufsichtsratsmitglieder und Präsidiumsmitglieder an sowie Personen, die von der Mitgliederversammlung gewählt wurden. So heißt es in Herthas Satzung. Doch wird wirklich bis Montagabend gewartet? Eine kleine Runde aus dem Vorstand wird sich schon am Sonntag treffen. Da wird, so ist zu hören, eine Entscheidung gefällt. Vermutlich gegen Stevens.

Der stand den Abend über an seinem Stehtisch, neben ihm Kotrainer Holger Gehrke und Masseur Peter Bentin. Alle zehn Minuten stellen sich neue Gesprächspartner an den Tisch. Wolfgang Holst zum Beispiel, Mitglied des Ältestenrates. „Ich bin nach wie vor für eine interne Lösung, das heißt, ich plädiere dafür, an Stevens festzuhalten“, wird Holst später sagen. „Allerdings müssen neue Konzepte erarbeitet werden.“ Als Holst Stevens zum Abschied die Hand gibt, lächelt Stevens. Dann klingelt sein Handy, der Niederländer verschwindet hinter einer Topfpflanze, er fuchtelt mit den Armen.

Manager Dieter Hoeneß ist da längst verschwunden. Seit 18.35 Uhr schon. Sonst bleibt er länger. Hat Hoeneß schon gestern eine kurzfristige Krisensitzung einberufen? Nur eine Minute, nachdem der Manager den Raum verlassen hat, folgt ihm Günther Troppmann, Mitglied des Aufsichtsrates. Weitere folgen.

Nur Stevens bleibt. Bis 19.48 Uhr. AG/-cc-

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