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Sport: Des Schlechten zu viel

Elfmeter plus Rot für den Torwart: Der HSV hadert nach dem 1:2 gegen Arsenal mit dem Schiedsrichter

Franz Beckenbauer verschaffte sich in der Halbzeit etwas Bewegung. Gemessenen Schrittes ging er in die Kabine des Schiedsrichters. Was immer Deutschlands fußball-kaiserlicher Übervater dort zu suchen hatte: Dem Fernsehvolk des Bezahlsenders Premiere konnte er hinterher eine Botschaft übermitteln. Schiedsrichter Peter Fröjdfeldt aus Schweden habe, so Beckenbauer, „todunglücklich“ dagesessen, soll aber auch beteuert haben, ihm sei ja „nach den Regeln gar keine andere Wahl geblieben“. Da drifteten die Meinungen nach dem Champions-League-Spiel des Hamburger SV gegen den FC Arsenal (1:2) weit auseinander. Die Rote Karte für HSV-Torwart Sascha Kirschstein nach zehn Minuten wegen einer angeblichen Notbremse gegen Robin van Persie, dazu der folgende, vom Brasilianer Gilberto verwandelte Foulelfmeter – das Strafmaß schien vielen in der AOL-Arena allzu drastisch. „Das hat uns unser ganzes Spiel kaputtgemacht“, fluchte HSV-Trainer Thomas Doll und verstieg sich zu der mutigen Hypothese: „Mit elf Mann hätten wir nicht verloren.“

Diesem Konjunktiv stand eine Tatsachenentscheidung Fröjdfeldts entgegen. Kirschsteins Hand soll zum Fuß des um ihn herumgekurvten van Persie gegangen sein, inklusive einer zu ahndenden Berührung. Thomas Doll wurde die Szene wieder und wieder vom Fernsehen vorgeführt. Dabei festigte sich sein Eindruck von einer „unbegreiflichen Entscheidung“. Doll sagte: „Der Ball geht weg vom Tor. Van Persie wusste, dass er ihn nicht mehr erreichen kann, da fädelt er ein und tritt Kirschstein auf die Hand.“

Den diplomatischen Weg bei der Wertung dieser Situation wählte Arsenals Trainer Arsene Wenger. „Für mich war das ein Elfmeter, aber keine Rote Karte für den Torwart“, sagte er. Der Franzose Wenger weiß gut, wovon er redet. Am 17. Mai dieses Jahres stand er mit seiner Mannschaft im Finale der Champions League gegen den FC Barcelona. Die 18. Minute: Arsenals Torwart Jens Lehmann sieht Rot, weil er Barcelonas Stürmer Eto’o unsanft gebremst hat, Arsenal verliert das Finale in Unterzahl mit 1:2. Der Unterschied zu Hamburg: Lehmann beging sein Foul außerhalb des Strafraums, Kirschstein aber innerhalb. Deswegen wurde Arsenal zwar zahlenmäßig geschwächt durch den Platzverweis, aber statt eines Foulelfmeters gab es einen vom Gegner nicht genutzten Freistoß.

Foulelfmeter und Rote Karte – der HSV empfand das als doppelte Bestrafung für ein Vergehen. Wegen der Roten Karte wurde Kirschstein gestern von der Uefa für das nächste Champions-League-Spiel am 26. September bei ZSKA Moskau gesperrt. Selbst Jens Lehmann wertete das Strafmaß als „unmöglich“. Der deutsche Nationaltorhüter forderte: „Diese Regel muss geändert werden. Das macht einer Mannschaft ja das ganze Spiel kaputt.“

Sascha Kirschstein hatte sich nach dem Platzverweis in den Kabinengang zurückgezogen, wo er auf den Monitoren den Fortgang der Partie erlebte. So hatte er mitbekommen, wie Gilberto den strittigen Foulelfmeter verwandelt, wie Rosicky nach der Pause auf 2:0 erhöht hatte und der HSV erst in der Nachspielzeit durch Sanogo zum 1:2-Endstand kam.

Arsenals Trainer Wenger sah sich genötigt, ein bisschen psychologische Aufbauarbeit für den Gegner zu leisten. „Während des Spiels habe ich mir gedacht, das kann gegen den HSV ein sehr schweres Heimspiel für uns werden“, sagte er. Realistischer urteilte sein Kollege. Sieben Pflichtspiele ohne Sieg geben zu denken. „Wir sind momentan in einem Tal“, sagte Thomas Doll.

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