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Blick nach vorn: Der neue Bundestrainer Henning Lambertz präsentierte seine Ideen in Berlin.

© dpa

Deutsche Schwimmer: Alles außer Wunder

Mit sanftem Druck will der neue Bundestrainer Henning Lambertz die deutschen Schwimmer zum Erfolg führen: "Wir wollen mittelfristig wieder zu den Top-Nationen des Weltschwimmsports gehören."

Am Donnerstag begannen die deutschen Meisterschaften der Schwimmer in Berlin, und am meisten Aufmerksamkeit erregte der Mann, der gar nicht ins Becken sprang. Die erste Schwimmprüfung acht Monate nach dem medaillenlosen Olympiadesaster von London ist auch die erste große Veranstaltung mit dem neuen Chefbundestrainer Henning Lambertz.

Der diplomierte Sportwissenschaftler ist seit mehr als 20 Jahren im Geschäft und genauso lange bei nationalen Meisterschaften dabei. So neu also ist der 42-Jährige nicht in der deutschen Schwimmwelt, die so an festgezurrten Strukturen klebt und nur äußerst schwer zu verändern ist. Lambertz, ein eloquenter und kommunikativer Mann, ist dennoch angetreten, um die Beckenschwimmer des DSV im kommenden Olympiazyklus aus der schon fast anderthalb Jahrzehnte andauernden Talsohle zu holen. „Ich sehe es als meine Herausforderung, dass wir mittelfristig wieder zu den Top-Nationen des Weltschwimmsports gehören“, sagte er, stellte aber auch klar: „Für Wunder bin ich nicht zuständig.“

Seine ersten Maßnahmen sind eher zurückhaltend, aber sie haben, betont er, eine „klare Ziel- und Wegrichtung“. Zunächst mal hat er die Normen für die WM-Qualifikation abgesenkt, die man bei den deutschen Meisterschaften erreichen muss. Jetzt muss man im Vorlauf eine Richtzeit schwimmen und dann im Finale nochmals eine weiter gesteigerte Norm. Bei großen Meisterschaften müsse man sich ja auch etappenweise steigern, um am Ende vorn dabei zu sein, sagt Lambertz. Die Olympischen Spiele in London hätten gezeigt, „dass sehr harte Normen keine Garantie, dass man Finals oder noch mehr erreicht, und damit nicht zielführend sind“. 80 Prozent der DSV-Schwimmer seien in den Vorläufen gescheitert. Lambertz hat ein Topteam mit nur einem Quartett von Aktiven aus Britta Steffen, Paul Biedermann, Steffen und Markus Deibler gebildet, die quasi vom Bonus bereits in der Vorsaison erreichter Topresultate zehren können und erleichterte Qualifikationsmodi haben.

Dahinter steht ein Perspektivteam, das sich noch im Aufbau befindet und das am Ende alle die einschließen soll, mit denen – so Lambertz – „wir bei Olympia 2016 und 2020 Medaillen und Top-Platzierungen holen wollen“. Dazu soll auf neue Art und Weise trainiert werden. Druck und Umfang seien wichtig, aber nicht dominierende Faktoren. „Der Spaß darf auf keinen Fall verloren gehen, die Lust an der Last.“ Er sagt das mit Feuer und Begeisterung.

Nach den Meisterschaften „werde ich das Nationalteam wirklich führen, und das schließt ein paar Neuerungen ein“. Für das Championat nun dürfe man die Erwartungen nicht zu hoch schrauben. „Wir werden moderate, aber gute Ergebnisse haben“, ist Lambertz überzeugt. Dass einige Top-Akteure wie Paul Biedermann oder Silke Lippok verletzt oder erkrankt ausfallen, sieht er nicht als irreparables Dilemma an. „Es ist eine Chance für Leute der zweiten Reihe.“ Auch für die Vorbereitung auf die WM in Barcelona erzeugt Lambertz sanften Druck. „Ich wünsche mir, dass jeder Spitzenschwimmer an den Maßnahmen teilnimmt, die ich für die richtigen halte. Aber jeder ist auch frei in seinen Entscheidungen. Wenn das eine mit dem anderen nicht deckungsgleich ist, kann ich das auch respektieren.“

Sein großes Ziel sei es, sagt Lambertz, dass von den 30 deutschen WM-Startern um die 20 schneller sind als in Berlin. Eine Medaille sei kein Zwang. „Eine Bestzeit hat sogar auch dann ihren Wert, wenn man damit im Vorlauf ausscheidet.“

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