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Mehr als ein Bällesammler? Seit zehn Jahren ist Patrick Kühnen Teamchef der deutschen Davis-Cup-Mannschaft. Seine Kritiker werfen ihm vor, dass er immer wieder seine Linie ändere und viel zu oft Konsequenz vermissen lasse.

© dpa

Deutsches Davis-Cup-Team: Bloß nicht miteinander reden

Beim Davis-Cup-Spiel gegen Australien sind die Risse im deutschen Tennis wieder einmal unübersehbar. Teamchef Kühnen steht in der Kritik.

Patrik Rafter hatte sich ein dickes Handtuch wie einen Schal um den Hals gelegt, die Kappe tief ins Gesicht gezogen und unter seiner gelben Trainingsjacke verbarg er sicherlich noch zwei bis vier weitere Pullis. Es nützte alles nichts, der Mann aus Down Under zitterte auf der Trainerbank vor sich hin. Nasskalte 13 Grad in Hamburg, auch auf den Tribünen sehnten sich die Zuschauer nach wärmendem Glühwein. Es dauerte nicht lange, da prasselte auch noch kräftig der Regen auf das Zeltdach über dem Center Court des Rothenbaums. Doch zumindest in der maroden Kunststoffplane taten sich keine Risse auf, während jene innerhalb des Deutschen Tennisbundes an diesem Davis-Cup-Wochenende unübersehbar sind.

In weiche Decken gefüllt, saßen in der ersten Reihe hinter der Grundlinie DTB-Präsident Karl-Georg Altenburg, Geschäftsführer Stephan Brune und Sportdirektor Carl-Uwe Steeb. Und die Distanz zur deutschen Mannschaft, die sich direkt hinter den Spielerbänken platziert hatte, schien nicht bloß eine räumliche. „Mit mir hat der Präsident noch nicht gesprochen“, sagte Florian Mayer, der am Freitag für Deutschland den Ausgleich gegen Australien besorgt hatte. Der Präsident, der fast ein Jahr nach seiner Wahl noch kein Gespräch mit seinen Spitzenspielern gesucht hat, schaffte es bisher auch in Hamburg nicht, kurz mal in der Kabine vorbeizuschauen und für das so brisante Duell um den Abstieg aus der Weltgruppe Glück zu wünschen.

Doch was ist schon normal im deutschen Tennis? Dass man einfach mal miteinander redet, jedenfalls nicht. Es ist ein Phänomen, das in den vergangenen 20 Jahren immer irgendwie dazugehört hat. Man redet lieber übereinander. So hielt es auch Altenburg bisher, der Philipp Kohlschreiber und Mayer öffentlich fast als Vaterlandsverräter hingestellt hatte, weil sie auf Olympia verzichtet hatten. Über seine eigene Arbeit, die Konzepte und Änderungen, die er vor seiner Wahl groß angekündigt hatte, verweigert der Präsident den Journalisten aber weiterhin jede klare Auskunft. Es verstärkt den befremdlichen Eindruck, den die neue DTB-Führung bisher hinterlassen hat. Offenbar schien die vordringlichste Maßnahme, mit Brune einen Geschäftsführer zu installieren, der trotz der klammen Finanzlage des Verbandes mit einem stattlichen Managergehalt bedacht wurde. Brune polarisiert jedoch so sehr, dass viele schon gar nicht mehr mit ihm sprechen mögen.

Um die interne Kommunikation im deutschen Team ist es aber mal wieder am dürftigsten bestellt. Teamchef Patrick Kühnen hat es in den zehn Jahren seiner Amtszeit schlicht verpasst, Stärke durch Konsequenz zu demonstrieren. „Man muss klare Linien haben, aber es wird immer etwas geändert“, kritisierte der frühere Davis-Cup-Spieler Alexander Waske, der Interesse an Kühnens Job hat. Dessen Vertrag läuft am Saisonende aus. „Kohlschreiber macht seit Jahren, was er will“, legte Waske nach, „er ist der beste Spieler, aber eben kein Teamspieler.“ So kam es auch, dass sich Kohlschreiber etwas zu sicher fühlte, als er während der US Open triumphierend berichtete, dass er Kühnen nach Streitigkeiten wegen einer früheren Absage mal ordentlich die Meinung gegeigt hätte. Dass Kühnen einmal konsequent sein und ihn daraufhin rauswerfen würde, hatte Kohlschreiber nicht erwartet. Doch kurioser als der Zwist um eine geschickte oder doch nicht versendete SMS ist die Tatsache, dass man es in sieben Monaten nicht schafft, diese Lappalie aus der Welt zu räumen. Etwas hat der Verstoßene jedoch gelernt: Er platzierte eine Grußmitteilung auf seiner Webseite, in der er dem Team fürs Wochenende alles Gute wünscht. Er fand es jedoch „schade, dass ich euch nicht unterstützen kann“, schrieb Kohlschreiber. Das letzte Wort ist in dieser misslichen Melange wohl noch nicht gesprochen.

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