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Sport: Deutschland - England: Michael Owen wie einst Sir Geoff

Auf dem Weg durch die Mixed-Zone, vorbei an den Journalisten, wurde ein eher ungewöhnlicher Wunsch an Michael Owen herangetragen. Normalerweise sind die Vertreter der Medien auf eine gewisse Distanz zu jenen Menschen bedacht, die im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen.

Auf dem Weg durch die Mixed-Zone, vorbei an den Journalisten, wurde ein eher ungewöhnlicher Wunsch an Michael Owen herangetragen. Normalerweise sind die Vertreter der Medien auf eine gewisse Distanz zu jenen Menschen bedacht, die im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen. Diesmal aber gaben selbst gestandene Journalisten ihre Zurückhaltung auf und baten Owen um Autogramme in ihre Schreibblöcke. Eigentlich gilt so was in Kollegenkreisen als höchst verpönt.

Doch vermutlich werden die karierten Ringbuchblätter mit dem schnörkeligen Schriftzug in einigen Jahren ein formidables Wertpapier sein. Ein echter Owen eben. Und einer mit dem Zusatz: München, 1. September 2001. Es bedarf keiner großen Phantasie, um sich vorzustellen, dass sich Ort und Datum dem englischen Volk ins kollektive Gedächtnis einbrennen werden. "Es gelingt nicht vielen Mannschaften, Deutschland im eigenen Land zu schlagen", sagte Michael Owen. "Daher ist das schon ein historischer Sieg." Mit einem historischen Beitrag Michael Owens, der drei der fünf englischen Tore erzielt hatte. "Welche Worte soll man da finden?", fragte selbst Englands Teamchef Sven-Göran Eriksson.

Die Geschichte der deutsch-englischen Fußball-Wettkämpfe hat den Engländern lange Zeit wenig Erbauung geliefert: Immer wenn es ernst wurde, gewannen die Deutschen. Gary Lineker, einer der erfolgreichsten englischen Spieler, hat das Trauma mit seinem Bonmot von den 22 Spielern und den am Ende immer siegenden Deutschen treffend umschrieben. So etwas wirkt lange nach. "An einen Sieg in Deutschland hat keiner zu denken gewagt", sagte Owen.

Doch die Geschichte scheint ein neues Kapitel zu bekommen. Das 5:1 von München war bereits der zweite Pflichtspielsieg der Engländer gegen die Deutschen innerhalb von 15 Monaten und der höchste seit 1909, als das DFB-Team in Oxford 0:9 unterlag. Dass die Engländer mit David Beckham, Emile Heskey, Rio Ferdinand und eben Owen die besseren Einzelspieler haben, war schon vorher klar. Neu ist, dass es den Deutschen erneut nicht gelang, ihre mannschaftliche Geschlossenheit dagegenzusetzen. Schon bei der Euro 2000 gewannen die Engländer 1:0. Am Ende nützte ihnen der Sieg wenig. Aber er ließ das Land das Aus nach der Vorrunde etwas leichter ertragen.

Das 5:1 von München hingegen ist ein Triumph ohne Einschränkungen. 35 Jahre haben die Engländer auf einen solchen Abend gewartet. Denn wenn sie dem deutschen Erfolgsfußball zuletzt überhaupt etwas entgegenhalten konnten, dann war es die Erinnerung an den 4:2-Sieg im WM-Finale 1966. Die alten Geschichten eben. Für das Land, das von sich glaubt, den Fußball erfunden zu haben, war der Gewinn des World Cups damals so etwas wie ein Versprechen, das in der Folge niemals eingelöst wurde. Und die Schuld daran trugen oft die Deutschen.

Michael Owen hat diese Schuld mit seinen drei Toren gesühnt. Oliver Kahn, der vielleicht beste Torhüter der Welt, ist selten mit solcher Leichtigkeit bezwungen worden wie bei Owens drittem Treffer zum 4:1. Nie wirkte Kahn so hilflos.

Die Deutschen wussten, dass es schwer werden würde, Owen und seinen Liverpooler Kollegen Heskey in den Griff zu bekommen. Es endete in einer Katastrophe. "Der Verdienst liegt nicht bei mir", sagte Owen. "Auch alle anderen haben eine Weltklasseleistung gebracht." Solche Aussagen passen zu einem 21-Jährigen, dessen Aussehen immer noch etwas Bübchenhaftes hat, der aber schon mit 18 zum ersten Mal an einer Weltmeisterschaft teilgenommen hat. Michael Owen ist nur drei Wochen älter als Sebastian Deisler und hat doch schon mehr als doppelt so viele Länderspiele bestritten.

Owen ist der erste Spieler seit 35 Jahren, der drei Tore gegen eine deutsche Nationalelf erzielt hat. Der letzte, dem dies gelang, hieß Geoff Hurst, inzwischen Sir Geoff. Ein Engländer. Und natürlich war es 1966, beim 4:2 im WM-Finale von Wembley. Na ja, eigentlich hat Hurst nur zwei Tore geschossen.

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