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DFB-Pokal: Hunger und Durst

Die Fans des Hamburger SV sehnen Erfolge herbei, doch dazu muss erst Werder Bremen ein paar Mal besiegt werden. Am Mittwoch steigt das Pokal-Halbfinale.

Von Karsten Doneck, dpa

Manche Erfolge geraten schnell wieder in Vergessenheit. Oft schon nach 15 Minuten. So lange dauert in etwa der Fußmarsch von der Hamburger Arena bis zum S-Bahnhof Stellingen, von wo die Zuschauer in meist zähem Verkehrsfluss wieder heimgebracht werden. Dort, am Bahnhof, existiert ein Sport-Pub mit dem beziehungsreichen Namen „Hunger und Durst“. Davor versammelten sich am Sonntagabend ein paar Hundert HSV- Fans und sangen lauthals „Europapokal, Europapokal“ - nimmermüde, immer nur dieses eine Wort. Dass der HSV kurz zuvor – in der Bundesliga, wohlgemerkt – Hannover 96 besiegt hatte, glanzlos mit 2:1 – geschenkt, vergessen, vorbei: „Europapokal“, sangen die Fans unverdrossen.

In Hamburg herrscht fußballerisch derzeit der Ausnahmezustand. Beschwichtigende Worte finden da kaum noch Gehör. „Wir wollen die Saison nicht vor dem Mai loben. Noch haben wir gar nichts erreicht“, mahnt Torwart Frank Rost. Doch der HSV hat nach Jahren sportlicher Dürre bereits jetzt bei seinem Anhang eine Euphorie entfacht, die nun in den vier Spielen gegen Werder Bremen ihrem vorläufigen Höhepunkt zugeführt werden soll. Morgen empfängt der HSV den Nordrivalen zum Halbfinale im DFB-Pokal, am 30. April und 7. Mai geht es zwischen beiden Klubs, zuerst in Bremen, um den Einzug ins Uefa-Cup-Finale in Istanbul, und abgerundet wird das Dauertreffen mit der Bundesligapartie Bremen gegen Hamburg am 10. Mai.

Der HSV tut gut daran, sich immer nur auf das Naheliegende zu konzentrieren. Also: DFB–Pokal. „Wir brauchen jetzt eine gute Regeneration, damit wir am Mittwoch wieder richtig fit sind“, sagte Trainer Martin Jol unmittelbar nach dem Sieg gegen Hannover. Hinter dem HSV liegen in dieser Saison bereits 44 Pflichtspiele seit dem 9. August 2008. Ein Pensum, das schlaucht. „Wir müssen nach den vielen Spielen immer wieder die Kräfte neu bündeln“, sagt Mladen Petric, der zweifache Torschütze am Sonntag gegen Hannover.

Aber das Pokalfieber bei den Spielern ist längst geweckt. Selbst bei Alex Silva, der die prickelnde Atmosphäre vom DFB-Pokalfinale in Berlin allenfalls vom Hörensagen her kennt. „Ich kenne große Pokalspiele aus Brasilien, und das Pokalspiel gegen Werder wird sicher ein großer Fußballabend“, sagt Alex Silva.

Zumindest einen schweren Fehler aus der nahen Vergangenheit wird der HSV nicht wiederholen. In der Bundesliga- Hinrunde hatte der Verein für das Heimspiel gegen Werder Bremen Rekordeintrittspreise verlangt. 41 Euro kostete das billigste Sitzplatzticket, 97 Euro das teuerste. Mit derlei Preistreiberei zog sich der HSV-Vorstand den Zorn der Fans zu. Die Quittung: An jenem 22. November 2008 blieben knapp tausend Sitze im 57 000 Zuschauer fassenden Stadion leer. Diesmal kosten die teuersten Plätze „nur“ 84 Euro. Dem Vernehmen nach sollen die Karten für den Uefa-Pokal-Auftritt gegen Bremen noch ein bisschen preiswerter angeboten werden.

Über mangelnde Unterstützung wird sich der HSV gegen Bremen nicht beklagen können. „Im unserem Umfeld ist die Euphorie groß“, sagt Abwehrspieler Dennis Aogo. „Ich finde es aber richtig, dass wir als Mannschaft ein wenig zurückschrauben.“ Bei der Aussicht, dass der HSV Deutscher Meister werden kann sowie DFB- und Uefa-Pokal in Reichweite hat, wird dem geneigten Fan jedoch warm ums Herz. Nationale Titel sind da fast schon zweite Wahl. Und so wird am S-Bahnhof Stellingen unverdrossen gesungen: „Europapokal, Europapokal ...“

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