zum Hauptinhalt
Da jubeln sie noch. Mit dem Gewinn des Hamburger Verbandspokals zogen die Spieler des Eimsbütteler TV in den DFB-Pokal ein, wollen aber nun nicht antreten.

© Imago

DFB-Pokal-Posse: Eimsbütteler TV: Lotto-Gewinn mit Folgen

Warum der Hamburger Landesligist Eimsbütteler TV vier Wochen vor dem Spiel im DFB-Pokal gegen Greuther Fürth ohne Mannschaft dasteht.

Am 1. Juni 2011 schrieben die Spieler des Eimsbütteler TV Geschichte. Eine Mannschaft, die von der Kreisliga in die Landesliga marschiert war, besiegte im Finale des Verbandspokals den haushohen Favoriten SC Billstedt mit 1:0 – und zog in die erste Runde des DFB-Pokals ein. Ein Traum für jeden Amateurfußballer, ein Spiel gegen ein Profiteam, vielleicht gegen Bayern, stand an – ein „Sechser im Lotto“, hieß es. Die Spieler trugen ihren Trainer auf Händen aus der Pressekonferenz.

Am 22. Juni erklärten Spieler und Trainer dann den Verzicht auf den großen Traum, sie wollen zum 30. Juni aus dem Verein austreten. Der Jubel ist vorbei, der Ton scharf. Bilal Afrane, Vorsitzender der Fußballabteilung und Betreuer der Mannschaft, sagt: „Durch seine Kompromisslosigkeit hat der Verein den Traum der Spieler zerstört.“ Der Verein ist ebenso empört. „Es ist sehr viel Porzellan zerschlagen worden“, sagt Geschäftsführer Frank Fechner. Von Erpressung ist die Rede. Vier Wochen vor der ersten Pokalrunde steht ein Teilnehmer ohne Mannschaft da – ein einmaliger Vorgang.

Was war in diesen 21 Tagen passiert, dass sich grenzenlose Euphorie in einen schlimmen Streit verwandelte? Es geht um die Verteilung des Geldes, die 110 000 Euro Prämie aus dem DFB-Pokal. Der Verein wollte eine 50-50-Lösung: Die eine Hälfte des Geldes sollte an die Fußballabteilung gehen, die andere für die Finanzierung eines Kunstrasenplatzes verwendet werden. „Das war ein großzügiger Vorschlag. Ich habe auch eine Verantwortung gegenüber den Gremien und anderen Abteilungen des Vereins“, sagte der Vorsitzende Fechner gegenüber dem Tagesspiegel.

Doch in den Gesprächen mit der Mannschaft stieß der Vorschlag nicht auf Zustimmung. „Es kann nicht sein, dass andere über unsere Prämien verfügen“, echauffiert sich Bilal Afrane. Die Fußballabteilung des ETV besteht aus 51 Mannschaften, viel Geld für Trainingsutensilien und anderes bliebe für das Team selbst nicht mehr. Auch die Zahlungen an die Spieler seien für Landesliga-Verhältnisse „ein Witz“, sagt Betreuer Afrane.

Der Streit zwischen den beiden Parteien schwelt schon seit langem. Nicht allein der Entschluss, auf das Pokalspiel zu verzichten, verdeutlicht die verhärteten Fronten. Afrane zum Beispiel arbeitet seit zehn Jahren im Verein, die Spieler sind größtenteils seit der Jugend zusammen. Ihnen droht eine Sperre bis November, sollte der ETV die Freigabe verweigern. „Ich vermag nicht zu beurteilen, ob der Verein noch für ein weiteres Gespräch bereit ist“, sagt Fechner.

Zwar will ein Sponsor nun für einen runden Tisch sorgen, doch parallel dazu laufen beim Verein die Planungen für eine Ersatzmannschaft. „Wir hatten schon am ersten Tag viele Anfragen und Angebote“, sagt Fechner. Eine rein interne Lösung könne es nicht geben, doch das Vertrauen in die zweite Mannschaft und die A-Jugend sei groß genug. „Wir sind breit genug aufgestellt.“ Und auch die Spieler stehen laut Afrane bereits in Kontakt mit anderen Vereinen, einigen sollen Angebote von Oberligateams vorliegen.

Das Problem beschäftigt nicht nur die Eimsbütteler, sondern auch die Spielvereinigung Greuther Fürth. Der Zweitligist ist am 31. Juli der Gegner des ETV und wurde auch von den Ereignissen überrascht. In Fürth wird man nun die Entwicklung im Internet verfolgen und auf die Verkündung von Testspielen des ETV warten. Dort will das Trainerteam um Michael Büskens den kommenden Gegner beobachten – wie auch immer der aufgestellt sein wird. „Ich denke, dass sie trotz allem eine junge und engagierte Truppe auf den Platz bringen werden“, sagte Büskens dem Tagesspiegel. „Wir bereiten uns auf das Spiel vor, als ginge es gegen einen Bundesligisten. Für uns hat der Pokal eine enorme Bedeutung.“ Denn schließlich winkt allein bei einem Einzug in die zweite DFB-Pokalrunde eine Prämie von 250 000 Euro. Das Pay-TV überträgt alle Spiele, die Fernsehgelder haben die Lukrativität des Wettbewerbs noch einmal gesteigert.

Das große Geld aber hat in Eimsbüttel die Aufregung erst ausgelöst. Studien haben belegt, dass das Glück von Lotto-Gewinnern nur kurz währt. Beim Lotto-Gewinn „DFB-Pokal“ scheint es sich ähnlich zu verhalten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false