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Marco Sturm hat das deutsche Eishockey wieder nach vorne gebracht.

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Kommentar zur Eishockey-WM in Russland: Die Deutschen können kämpfen - aber auch richtig gut spielen

Deutschland hat trotz der Niederlage gegen Russland eine tolle Eishockey-WM gespielt. Ein großer Anteil an den Erfolgen gebührt dem Trainer. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Claus Vetter

Vom lange Jahren erfolgreichen Eishockey-Bundestrainer Hans Zach stammt die Erkenntnis, dass nicht die besten Spieler, sondern die bestmögliche Zusammensetzung eine starke deutsche Nationalmannschaft ausmacht. Anders gesagt: Eine deutsche Mannschaft gilt es nach Rollen zu besetzen, vor allen mit Arbeitern, die nach Angabe des Trainers zu rackern haben. Sollen die anderen Eishockey zaubern, die Deutschen halten mit Kampf dagegen. Spätestens seit dieser Weltmeisterschaft in Russland gilt das allein für eine deutsche Eishockeynationalmannschaft nicht mehr. Die Mannschaft von Marco Sturm hat schnelles anspruchsvolles, offensivstarkes Eishockey gespielt. Sie hat 23 Tore geschossen und nur drei Mal in acht Spielen nach 60 Minuten verloren – zuletzt nun ist sie im Viertelfinale 1:4 an Gastgeber Russland gescheitert. Ja, sie ist gescheitert, nicht gedemütigt worden. Das verdient nicht nur Respekt, sondern ist aufschlussreich, was das deutsche Eishockey betrifft.

Marco Sturm hat bei seinem ersten Auftritt als Trainer schon dank seiner Präsenz eines richtig gemacht: Weil er, das einstige Eishockey-Idol rief, kamen sie fast alle. Eben auch die Profis aus der nordamerikanischen Profiliga NHL, die in den Jahren zuvor Bundestrainer Pat Cortina noch zuverlässig abgesagt hatten. Dann hat Sturm, mit 37 Jahren erst gerade dem Spieleralter entwachsen, den richtigen Ton getroffen. Er sagt selbst, dass er gemerkt habe, wie wichtig es den Spielern sei, dass sie in der Kabine auf deutsch angesprochen werden und nicht in der Eishockeyamtssprache Englisch wie unter dem kanadischen Vorgänger Cortina, oder auch in der von Ausländern dominierten Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Fürs Taktische hatte Sturm mit NHL-Coach Geoff Ward zudem einen Mann mit viel Wissen und Kenntnissen der deutschen Eishockey-Szene an seiner Seite – vor einem Jahr führte der Kanadier die Adler Mannheim noch zur Deutschen Meisterschaft.

Deutsche Spieler von Weltklasseformat gibt es viele

Da passte vieles, auch was den Faktor Zusammenhalt betraf stimmte es im Team. Überzeugung und Wille jedes Spiel gewinnen zu können, waren unerschütterlich groß. Vor dem Spiel gegen Russland sprachen alle Profis davon, dass sie ins Halbfinale wollen und nicht davon, dass sie sich gut verkaufen wollen. Allein das, was Thomas Greiss dann auf dem Eis ablieferte unterstrich das – er hätte es verdient, zum besten Torwart des Turniers gekürt zu werden,  wenn er nur zu vier Einsätzen kommen konnte.

Dabei hätte es ja noch besser laufen können für die Deutschen gegen die Russen: Wenn Tobias Rieder und Felix Schütz sich nicht im Turnier verletzt hätten – die Deutschen konnten im entscheidenden Spiel nur 18 Feldspieler aufbieten und bekamen keine vier Sturmreihen zusammen. Und was wäre möglich gewesen, wenn Jungstar Leon Draisaitl mehr in Schwung gekommen wäre oder Tom Kühnhackl nicht in den NHL-Play-offs beschäftigt gewesen wäre?  

Aber so weit zu denken, ist vermessen: Eine deutsche Eishockey-Nationalmannschaft ist nicht besser als Platz sieben, den sie bei dieser WM wohl erreichen wird. Aber, und das ist die gute Nachricht: Sie muss auch nicht schlechter abschneiden als jetzt bei der WM in Russland und kann an einem guten Tag – wie 2010 bei der WM – auch das Halbfinale erreichen.

Von Holzer über Rieder, Draisaitl, Kühnhackl bis Greiss - deutsche Spieler von Weltklasseformat gibt es viele. Sie können kämpfen, aber auch richtig gut spielen. Und das nicht weil in der DEL oder im deutschen Nachwuchs gut gearbeitet würde, sondern weil die Hälfte der Nationalspieler inzwischen in Nordamerika spielen oder gespielt haben und dort auf höchstem Niveau geschult worden sind. So wie ihr Trainer Marco Sturm. Der Trainer hat nach dem Ausscheiden bei der WM in Russland gesagt: „Ich weiß, da steckt noch mehr drin in der Mannschaft. Das war die Nachricht an die Jungs. Wir sind noch lange nicht da, wo wir hinwollen: Aber es war ein guter Schritt.“

Marco Sturm hat nun nach der starken Generalprobe in Russland die ganz großen Aufgaben erst vor sich: Die Olympia-Qualifikation in Lettland im September und dann die Weltmeisterschaft 2017 im eigenen Land. Dass Sturm diese Aufgaben meistern kann, ist wahrscheinlich – wenn er wieder die besten deutschen Spieler zusammenbekommt.

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