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Berlin enteilt. Alexander Weiß wurde bei den Eisbären ausgebildet, war in der Profimannschaft aber zumeist nur Ergänzungsspieler. Bei den Kölner Haien ist der mittlerweile 26 Jahre alte Stürmer zum Leistungsträger gereift.

© Imago

Eisbären Berlin: Die eigenen Talente grüßen aus der Ferne

Junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs haben es bei den Eisbären heute schwerer als noch vor ein paar Jahren. Als Ausweg bleibt den Talenten oft nur der Weggang aus Berlin.

Sie sind nahezu allgegenwärtig: In fast jedem Spiel der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) treffen die Eisbären auf alte Bekannte, auf Spieler, die in Berlin ausgebildet wurden. Bei den Nürnberg Ice Tigers, gegen die der Deutsche Meister am Sonntag (14.30 Uhr, Arena am Ostbahnhof) antritt, spielt zum Beispiel Steven Rupprich. Er ist einer von knapp 20 früheren Berliner Junioren, die heute bei anderen DEL-Klubs unter Vertrag stehen. Der 24-Jährige gehörte in allen Saisonspielen des Tabellenzweiten zur Mannschaft, seit seinem Abschied aus Berlin kam er auf 262 Einsätze für Iserlohn und Nürnberg. Ähnlich wie zum Beispiel der Augsburger Tobias Draxinger, Straubings René Röthke oder zuletzt Patrick Pohl in Wolfsburg hat er sich in der Liga etabliert, zwar keine glänzende, aber eine durchaus respektable Karriere vorzuweisen.

Eisbären-Manager Peter John Lee sieht das als Ausweis der guten Jugendarbeit seines Klubs. Die ist in die Kritik geraten, weil in den vergangenen Jahren kaum Spieler ausgebildet wurden, die in der eigenen DEL-Mannschaft zu Leistungsträgern wurden. Der wohl unerreichbare Maßstab ist dabei der beinahe schon legendäre Jahrgang von 1985. Die heute 28-jährigen André Rankel, Frank Hördler, Jens Baxmann und Florian Busch bilden den Kern der Mannschaft, die sieben Meisterschaften in den vergangenen neun Jahren gewonnen hat. Doch seit sie unter Trainer Pierre Pagé den Durchbruch schafften, haben nur noch wenige aus dem eigenen Nachwuchs in Berlin ein ähnliches Niveau erreicht. Die Brüder Constantin und Laurin Braun etwa, derzeit weckt der 20-jährige Verteidiger Alex Trivellato Hoffnungen.

Doch es ist für Talente auch nicht mehr so einfach wie vor zehn Jahren, in die Mannschaft hineinzuwachsen. Mit den Erfolgen verfestigten sich die Hierarchien, selbst ein Laurin Braun ist bisher nicht über die dritte Angriffsreihe hinausgekommen, weil Trainer Jeff Tomlinson wie schon sein Vorgänger Don Jackson nur in Ausnahmefällen seine bewährten Topreihen antastet. Sich in der Mannschaft und auch in der Gehaltsrangliste nach oben zu spielen, ist zunehmend schwierig geworden.

Viele junge Spieler wandern daher ab, sobald sie DEL-Niveau erkennen lassen. Für Manager Peter John Lee ist das ein ganz normaler Vorgang: „Traurig macht mich das nicht, ich bin stolz, dass wir so viele Spieler aus Berlin in der DEL haben“, sagt er. Er könne einfach nicht jedem einen Vertrag anbieten, und kleinere Klubs, die sich keine erstklassige Nachwuchsarbeit leisteten, lockten Talente mit mehr Geld und der Aussicht auf größere sportliche Entfaltungsmöglichkeiten: „Sie leben davon, dass in Mannheim, Köln oder Berlin so gut ausgebildet wird.“ Ausschlaggebend sei meist das Finanzielle: „Ich habe noch nie erlebt, dass ein Berliner zu einem Klub gewechselt ist, bei dem er weniger Geld bekommen hat“, sagt er. Das beliebte Argument, woanders mehr Eiszeit zu bekommen, sei oft nur eine Ausrede.

Und so verlassen immer wieder junge Spieler den Verein, bei denen sich spekulieren ließe, ob sie nicht mittelfristig auch den Eisbären hätten weiterhelfen können. Einige haben bewiesen, dass sie dazu in der Lage wären: die Angreifer Alexander Weiß und Marcel Müller etwa, beide Spitzenspieler beim Tabellenführer Kölner Haie, oder Alexander Barta, heute Kapitän des EHC München. Alle wurden von den Eisbären ausgebildet, spielten in jungen Jahren auch im Profiteam und reiften danach anderenorts zu Leistungsträgern. Die Adler Mannheim holen erfolgreiche ehemalige Spieler regelmäßig wieder zurück – und belohnen sich damit doch noch für ihre gute Ausbildungsarbeit. Im Sommer waren solche Rückholaktionen auch in Berlin im Gespräch, erwiesen sich aber als undurchführbar: Müller entschied sich für ein lukratives Angebot der Kölner Haie, die einen Ersatz für den in die Kontinental Hockey League abgewanderten Felix Schütz benötigten, Barta wechselte zu den Münchnern, die nach dem Einstieg des Red-Bull-Konzerns ein neues Team aufbauten. Da mitzubieten, wäre unsinnig gewesen: „Das hätte unser gesamtes Gehaltsgefüge kaputtgemacht“, sagt Lee.

Und so setzen die Eisbären in dieser Saison darauf, dass DEL-Team wieder stärker für die eigene Jugend zu öffnen. In der vierten Angriffsreihe kamen schon einige Talente zum Einsatz, zuletzt feierte der 19-jährige Jonas Schlenker am Freitag beim 4:2-Sieg gegen Mannheim sein Ligadebüt im Profiteam der Berliner. Großen Eindruck konnte er bei seinen wenigen Wechseln zwar nicht machen, aber es ist ein Zeichen: an den Nachwuchs, dass der Sprung ins DEL-Team zu schaffen ist und an die Zuschauer, dass es dem Klub immer noch darum geht, die Leistungsträger der Zukunft selbst auszubilden.

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