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Sport: Die Entdeckung der Leichtigkeit

Wie aus der Politikstudentin Meredith Michaels-Beerbaum die beste Springreiterin der Welt wurde

Berlin - Höhe ist relativ. Wenn Checkmate im Parcours mit seiner Reiterin unterwegs ist und das Pferd nach jedem Sprung fast lässig sein Hinterteil hochwirft, wirkt die Höhe fast lächerlich. Und dann sehen die Hindernisse wieder schier unüberwindlich aus. Als die Reiter vor der Prüfung den Parcours abschreiten, steht eine zierliche Frau vor, nein, unter dem grünen Oxer. Die oberste Stange überragt deutlich ihren Kopf.

Die Reiterin ist Meredith Michaels-Beerbaum. Diese Frau lässt jede Höhe schrumpfen, wenn sie auf dem Rücken eines ihrer Pferde sitzt. Beim Großen Preis von München am Sonntag (ARD/15.50 Uhr) genügt der herausragenden Springreiterin der Saison schon ein 13. Platz zum Gewinn der Riders Tour. Außerdem hat sie dieses Jahr den Großen Preis von Aachen und das Weltcupfinale in Las Vegas gewonnen, zwei der wichtigsten Prüfungen des Jahres. Sie reitet so stark, dass der Bundestrainer Kurt Gravemeier über sie sagt: „Die zwei besten Reiter-Pferd-Paare weltweit, das sind Meredith mit Shutterfly und Meredith mit Checkmate.“ Längst hat sie sich über die Pferdeszene hinaus einen Namen gemacht. Am Donnerstag wurde Michaels-Beerbaum für ihre sportlichen Leistungen mit dem Medienpreis „Bambi“ geehrt.

Die Frau mit dem bekannten Nachnamen ist verheiratet mit Markus Beerbaum. Die Kalifornierin kam vor 14 Jahren nach Deutschland, um hier ein Jahr lang von den deutschen Springreitern zu lernen, bevor sie ihre Uni-Abschlussarbeit in Politikwissenschaften schreiben wollte. Aber diese Arbeit, „die werde ich wohl nie vollenden, auch nicht irgendwann als Rentnerin“, sagt Meredith Michaels-Beerbaum und lacht. Es ist alles anders gekommen. Sie hat sich verliebt, in den deutschen Turniersport, und in ihren späteren Mann. Den hat sie am Rande eines Turniers 1992 in München kennen gelernt, als er mit Freunden Karten spielte. Sie hatte die Regeln unbedingt lernen wollen.

Dieses „unbedingt lernen wollen“, das passt zu Meredith Michaels-Beerbaum. Die 35-Jährige hat sich bis an die internationale Spitze gekämpft, und dabei „eigentlich alle möglichen Tiefs durchgemacht“. Einen Schlüsselbeinbruch etwa und die verpasste Teilnahme an den Olympischen Spielen wegen eines Dopingverdachts, der später fallen gelassen wurde. Trainiert hat Meredith Michaels-Beerbaum in Deutschland erst bei Paul Schockemöhle, dann bei Dirk Hafemeister, schließlich mit Markus Beerbaum. „Wir coachen uns gegenseitig, diskutieren über das Reiten morgens, abends, vor der Prüfung, nach der Prüfung, eigentlich immer“, sagt sie.

Jetzt steht sie an der Spitze in einem Sport, der „sehr konservativ ist, und bei dem sich die Männer erst daran gewöhnen müssen, dass Frauen ganz vorne mitreiten“, sagt ihr Schwager Ludger Beerbaum. Es gab im Springsport zwar immer ein, zwei Reiterinnen, die sich zwischen den Männern bewährten, etwa Helena Weinberg, aber Weltranglistenerste war vor Michaels-Beerbaum keine. Die Vorurteile in diesem Männersport hat sie auch gespürt: „Anfangs wollte mich wohl keiner in einer Championatsequipe sehen. Irgendwann aber können sie nicht mehr weggucken, denn der Erfolg überzeugt.“ Sie hat sich durchgebissen. Aber sie hat dabei niemals ihre Leichtigkeit verloren.

Ihr Reitstil sei im besten Sinne amerikanisch – frisch und forsch, sagt Bundestrainer Gravemeier. Es sieht alles so „easy“ aus: Auf dem Vorbereitungsplatz lässt Michaels-Beerbaum nach langem Schrittreiten und Traben ihr Pferd ein paar Mal springen, geht sofort wieder Schritt, und lässt es sich mit langem Zügel strecken. „Ich lasse die Pferde eben so, wie sie sind“, sagt Michaels-Beerbaum.

Als sie noch Studentin war, wollte Meredith Michaels-Beerbaum für die Nato oder Uno arbeiten. Jetzt „versuche ich nur, intelligent zu bleiben“, sagt sie lachend, doch das sei ganz schön schwierig, wenn es immer nur um Pferde ginge. „Mein Zuhause, mein Beruf, mein Hobby, alles sind die Pferde.“ Zum Ausgleich liest sie die „Herald Tribune“ und telefoniert mit ihren Eltern, die fast die einzigen Menschen in ihrem Leben seien, die nichts mit Vierbeinern zu tun haben.

Vielleicht kommen bald noch ein paar hinzu. Kinder will Meredith Michaels-Beerbaum haben – aber erst im nächsten Jahr, wenn sie ihr großes Ziel erreicht hat. Sie will bei den Weltreiterspielen in Aachen triumphieren.

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