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Sport: Die entglittene Sensation

Das deutsche Eishockey-Team verliert bei der WM 2:3 gegen Russland

Von Katrin Schulze

Heimvorteil in Deutschland? Von wegen. Die Kulisse, die sich der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft bei ihrem vierten Weltmeisterschaftsauftritt bot, war abenteuerlich. Zigtausende Russen bevölkerten und beschallten Kölns Arena am Samstagabend – und rangen der Fanschar der Gastgeber in der Kategorie Anhängertum ein Unentschieden ab. Weiß-blau-rot statt schwarz-rot-gelb. So sah es auch auf dem Eis aus. Beim 2:3 (0:1, 1:1, 1:1) im ersten Spiel der Zwischenrunde spielten die Deutschen zwar überraschend aufgeweckt mit, blieben dem clevereren Rekordweltmeister aus Russland aber unterlegen.

Anders als die Russen, von denen das Volk nicht weniger als einen weiteren Titel erwartet, hatte sich der WM-Gastgeber schon vor dem Spiel ordentlich im Understatement geübt. „Gegen die Russen erwartet niemand etwas von uns“, hatte Bundestrainer Uwe Krupp gesagt. Zwar haben seine Deutschen durch Verteidiger Christian Ehrhoff erst kürzlich Verstärkung aus der besten Liga der Welt hinzubekommen, doch gegen elf NHL-Profis auf Seiten der Russen schienen sie machtlos.

Wie wohl sich die Deutschen allerdings in der Rolle des Underdogs fühlen, haben sie ja beim Auftakt bewiesen. Auch gestern hielten sie mit und erarbeiteten sich sogar die besseren Chancen. In drei von den Russen gewährten Überzahlspielen verpassten Marcel Müller und zweimal Ehrhoff aber die Chance zur Führung. Nur im Spiel fünf gegen fünf kombinierte sich Russland anfangs oft souveräner über das Eis – und erfolgreicher. Kapitän Ilja Kowaltschuk blieb mit einem trockenen Schuss schließlich überlassen, die russischen Vertreter unter den 18 343 Zuschauern erstmals zum Toben zu bringen – „Rossija, Rossija“ schmetterten sie fortan im Fortissimo von den Rängen.

Ob die Profis aus Deutschland beeindruckt waren? Ganz und gar nicht. Vielmehr erstaunte es, wie frech sie auch weiterhin mitspielten. Allein das Glück fehlte, als Michael Wolf und Christoph Ullmann im Mittelabschnitt vor dem russischen Torwart Simeon Warlamow aufkreuzten. Wie es besser geht, zeigte der Gegner. Er hatte die schlechteren Möglichkeiten, traf jedoch das Tor: Beim 2:0 passte Maxim Afinogenow auf Nikolai Kulemin, der drückte den Puck über die Linie – der deutsche Goalie Dimitri Kotschnew konnte nur staunend hinterherschauen. So simpel kann Eishockey sein.

Die Deutschen agierten hingegen oft einen Tick zu ungenau bis – bis kurz vor der zweiten Drittelpause der Puck tatsächlich im Tor der Russen landete. Waren Sven Felski, Felix Schütz und Robert Dietrich zuvor noch gescheitert, so passte Ehrhoffs Schuss, von dessen Berechtigung sich die Schiedsrichter per Videobeweise überzeugten, genau. 39 Minuten und 59 Sekunden waren da gespielt – und die deutschen Fans tanzten sich zur musikalischen Untermalung von Scooter durch die anschließende Pause. Sie spürten, dass mehr gehen könnte gegen den großen Favoriten.

Und als auch die russischen Anhänger im Schlussdrittel vom Zittern ihres Teams erfasst wurden, war er wieder da – der Heimvorteil. Die deutschen Fans sangen, die Mannschaft spielte wie aufgedreht. Das Problem war nur, dass sich Russlands Superstar Alexander Owetschkin auch nach nur einem einzigen Abwehrfehler nicht bitten lässt – 3:1. Deutschland kam durch Alexander Barta danach noch einmal heran, mehr war trotz größter Bemühungen nicht drin. Doch schon heute hat die deutsche Nationalmannschaft gegen die Weißrussen (20.15 Uhr, live bei Sport1) die Möglichkeit, es noch besser machen. Deren Fans sind auch nicht ganz so zahlreich in und um Köln vertreten.

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