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Sport: Die Erfolgssüchtigen

Der THW Kiel erreicht das Pokalendspiel im Handball und träumt vom Triple

An Krücken kam Uwe Schwenker in die Color Line Arena. Der Manager des THW Kiel hatte sich ein paar Tage vor dem Final Four im Handball die Achillessehne im linken Bein gerissen. Doch auf den 49 Jahre alten ehemaligen Linksaußen kam es gestern nicht an, seine Situation passt lediglich ins derzeitige Bild des Rekordmeisters, Champions-League-Siegers und Cupverteidigers. Viel schlimmer war es für den Favoriten, dass auch einige Stützen des Teams beim Halbfinalspiel gegen die Rhein-Neckar Löwen nicht dabei sein konnten. „Christian Zeitz, Viktor Szilagyi und Filip Jicha können überhaupt nicht spielen, aber auch andere haben Blessuren“, erklärte Trainer Zvonimir Serdarusic die aktuelle Situation bei den Kielern. Und er forderte im selben Atemzug: „Dann müssen die anderen Spieler eben noch mehr leisten.“ Was das bedeutet, demonstrierte sein Team eindrucksvoll. Am Ende stand der erneute Finaleinzug durch ein 38:34 (24:19) gegen die Rhein-Neckar Löwen.

Für den THW Kiel ist das Final Four in Hamburg auch in diesem Jahr wieder nur eine Zwischenstation. Das Triple, der Gewinn von Meisterschaft, Champions League und eben auch des Pokals ist das erneute Saisonziel. Bereits am kommenden Sonntag kommt der FC Barcelona nach Kiel zum Halbfinalspiel in Europas höchster Handballklasse. Unter diesem Aspekt waren die Sorgenfalten bei Serdarusic auch zu verstehen, der gegen die Rhein-Neckar Löwen gerade noch fünf Wechselspieler und einen Torwart auf der Bank hatte. Dass seine erste Reihe, die Kondition bis zum letzten Saisonspiel vorausgesetzt, die anspruchsvollen Ziele erreichen kann, dafür lieferte die erste Halbzeit den Beweis. Thierry Omeyer war im Tor ein sicherer Rückhalt, Kim Andersson, Vid Kavticnik, Marcus Ahlm, Nikola Karabatic, Dominik Klein und der überragende Kapitän Stefan Lövgren waren allein über 30 Minuten zu Klasse-Handball in der Lage. In einem Fluidum vor 12 800 Zuschauern in Hamburg, das an die überragende Stimmung bei der WM in Deutschland vor über einem Jahr erinnerte. In der Color Line Arena spielten sich die THW-Stars in einen Rausch, zeigten Deckungsstärke, Tempo und gegen den immer noch sehr gut haltenden Weltmeister Henning Fritz im Löwen-Tor Klasse-Würfe. Kein anderes Team in Deutschland kann das so perfekt vorführen wie der Bundesliga-Spitzenreiter.

Aber was passiert, wenn auch diese Sechserreihe auseinanderfällt, das war ebenfalls zu erleben. Der 6,6-Millionen-Etat reicht zwar aus, einige extrem teure Weltstars des Handballs zu kaufen, den Leistungsabfall der zweiten Reihe können die Verantwortlichen damit nicht kompensieren. In der zweiten Hälfte, als Kiel bereits mit acht Toren führte und sich vor allem Lövgren ein paar Nachlässigkeiten leistete und von Serdarusic deswegen vom Feld geholt wurde – auch Klein saß bereits auf der Bank –, lief plötzlich nicht mehr sehr viel zusammen. Beim 26:30 (46. Minute) waren die Rhein-Neckar Löwen sogar einigermaßen dran, und hätten sie ihre Chancen weiter genutzt, es wäre plötzlich sogar sehr eng für den THW Kiel geworden. Es waren dann Einzelaktionen von Karabatic (insgesamt acht Tore), Andersson (vier) und Klein (acht), die den Ausschlag gaben. Lövgren konnte zu seinen in den ersten 30 Minuten erzielten sieben Treffern keinen mehr hinzufügen. Aber es reichte letztlich doch sicher.

Danach haben die Kieler natürlich gejubelt, aber nicht sehr lange. Sie wissen selbst am besten, dass die viel größeren Kraftproben in der Meisterschaftsendphase und der Champions League erst noch kommen werden. In einem sind sich die Stars Lövgren und Karabatic nicht einig – was am Ende wirklich erreicht werden kann. Während Lövgren sagte, „einen Titel mal nicht zu gewinnen, das ist doch nicht so schlimm“, gab sich der Franzose kämpferisch: „Alle drei Titel sind viel Wert, und ich will sie alle gewinnen – wie in der vergangenen Saison.“ Eines darf dem THW dann aber auf keinen Fall passieren, dass einer von beiden Ausnahme-Handballern ausfällt. Karabatic stand ja schon vor dem Final Four wegen einer Schienbeinprellung kurz davor. So gesehen stellte Serdarusic gestern zuallererst erleichtert fest: „Es ist kein weiterer Ausfall zu beklagen.“

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