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Sport: Die Fans löschen selbst

Unbelehrbare! Chaoten!

Unbelehrbare! Chaoten! So genannte Fans! Verbale Niederschläge prasselten auch an diesem Wochenende auf diejenigen Fangruppen ein, die in den Ultra-Kurven des Hamburger SV und des FC Schalke 04 mit Pyrobrennstäben in den Händen nach Erleuchtung gesucht hatten. Sie fanden allerdings nur die ewig gleichen Verurteilungsfloskeln der Herren Klubmanager und der Damen vom Bundesligastaatsfernsehen Sky wieder. Nun folgen Strafverfahren und Stadionverbote. Und an einem der nächsten Wochenenden wird das Gleiche wieder passieren.

Die Debatte um die Pyrotechnik, von Deutschem Fußball-Bund und Deutscher Fußball-Liga durch ein Kommunikationsdesaster heraufbeschworen, wird immer neues Feuer fangen. Denn eine kaum kontrollierbare und in Ultra-Gruppen vernetzte Jugendkultur trifft auf den durchgestylten Fußball der Neuzeit sowie eine Polizei, die auch am Stadion keine rechtsfreien Räume dulden kann. Alle Vermittlung insbesondere durch gemäßigte Fans ist gescheitert – an beidseits falschen Worten und falschen Taten, an ritueller Unversöhnlichkeit. Die Mehrheit der Fans leidet darunter. Wer seine Lieblingsmannschaft live sehen will, geht inzwischen das Risiko ein, vor lauter Rauch erst mal gar nichts zu erkennen oder sich eine Brandverletzung einzuhandeln.

Wie lässt sich dieses Dilemma auflösen? Vielleicht durch zwei Phänomene, die an diesem Wochenende erstmals zu beobachten waren. Die zündelnden HSV-Ultras waren einfach zu blöd, um so cool zu sein wie sie sich finden – sie fackelten mit ihren Bengalos ihr eigenes Banner ab. Und die Schalker Feuerspucker wurden vom Rest des Publikums ausgepfiffen. „Ihr seid scheiße wie der BVB“, schallte es durch die Arena. Und: „Wir sind Schalker, und ihr nicht.“ Erstmals wurden die jungen Fußballfans mit Pyrohobby von der eigenen Kurve daran erinnert, dass sie sich nicht wichtiger nehmen sollen als das Spiel selbst. Damit fällt auch ihre Selbstwahrnehmung in sich zusammen: als auserwählte Botschafter der wahren Fußballkultur. Für die Lager der ritualisierten Unversöhnlichkeit könnte das eine Erleuchtung sein.

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