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Sport: Die Frauen machen Ärger

Bundestrainer Jochen Behle entfacht bei der WM eine Diskussion um die schwachen Skilangläuferinnen

Eigentlich sollte es eine öffentliche Freundlichkeit sein. Langlauf-Bundestrainer Jochen Behle sprach nach dem Doppelverfolgungsrennen über Evi Sachenbacher-Stehle, als die deutsche Langläuferin in fünf Metern Entfernung vorbeilief, und Jochen Behle ihr seine Analyse persönlich mitteilte. „Klassisch war gut“, rief Jochen Behle. „Am Schluss haben mir die Körner gefehlt“, antwortete die Langläuferin, fröhlich wie immer. Doch sie hätte den Satz des Bundestrainers auch als versteckte Kritik verstehen können.

Im deutschen Langlauf-Team ist pünktlich zur Nordischen Skiweltmeisterschaft in Liberec eine Trainerdiskussion ausgebrochen. Bundestrainer Jochen Behle kritisiert die Ergebnisse der Frauen der vergangenen zwei Jahre – und greift damit den seit 2007 für die deutschen Frauen verantwortlichen Trainer Ismo Hämäläinen an. Auch dessen Entscheidung, Evi Sachenbacher-Stehle und Claudia Nystad nicht für das WM-Rennen am vergangenen Donnerstag über 10 Kilometer im klassischen Stil zu nominieren, hat den Bundestrainer geärgert. „Evi hatte im klassischen Bereich ihr bestes Ergebnis in dieser Saison“, sagt Jochen Behle. Das Verfolgungsrennen am Samstag, bei dem 7,5 Kilometer im klassischen Stil und nach einem Skiwechsel 7,5 Kilometer in der Skatingtechnik absolviert wurden, bestätigte den Bundestrainer in seiner Meinung. Evi Sachenbacher-Stehle, die als beste deutsche Läuferin auf Rang zehn landete, hatte darin vor allem im klassischen Stil überzeugt. „Gut, dass wir noch ein Klassikrennen bei dieser WM haben“, sagt Jochen Behle seufzend.

Die Läuferinnen aber stehen hinter dem finnischen Frauentrainer, sie reagieren genervt auf die Trainerdiskussion. „Ich will mit dem Scheißdreck nichts zu tun haben“, sagt Claudia Nystad. Sie hätte mit einem guten Ergebnis im Verfolgungsrennen ihren Trainer unterstützen können, wählte aber den falschen Ski und gab nach einem Sturz in der ersten Runde entnervt auf. Den Sieg der Polin Justyna Kowalczyk vor der Norwegerin Kristin Stoermer Steira und der Finnin Aino Kaisa Saarinen verfolgte sie in den Armen ihres Mannes vor der Großbildleinwand. Nach Evi Sachenbacher-Stehle kam nur noch Katrin Zeller als 17. ins Ziel.

Es ist schon einmal besser gelaufen bei den deutschen Langläuferinnen. Bei Olympia 2002 gewann die Damenstaffel die Goldmedaille und Evi Sachenbacher-Stehle Silber in der Verfolgung. Bei dieser Weltmeisterschaft bestehen in Teamsprint und Staffel die größten Medaillenchancen. „Aber das wird in diesem Jahr sehr schwierig, die anderen Nationen haben auch drei, vier gute Läuferinnen“, sagt Evi Sachenbacher-Stehle, „wenn es blöd läuft, werden wir Sechster.“ Sie führt ihre bislang mäßige Form auf verschiedene Krankheiten zurück, für Bundestrainer Jochen Behle aber liegt der Fehler im System. „Ich bin weiterhin der Meinung, dass Evi Sachenbacher-Stehle in der Lage ist, um Podestplätze zu laufen“, sagt er, „wir müssen trainingsmäßig etwas verändern, damit wir da wieder hinkommen.“

Was genau sich ändern soll, wird in der Analyse nach dieser Saison festgelegt. Für Ismo Hämäläinen könnte es eng werden. „Das ist nicht nur meine Entscheidung“, sagt Jochen Behle, „es geht darum, das System zu ändern, warum soll das nicht auch mit Ismo Hämäläinen gehen?“ Der Bundestrainer könnte sich wieder gemeinsame Trainingsgruppen der Männer und Frauen vorstellen. „Wir haben eine starke Männergruppe, man könnte da mehr hin- und herziehen“, sagt Behle, „wenn ich die jetzigen Ergebnisse sehe, denke ich, dass da mehr drin ist.“

Nun liegt es an den Frauen, ihrem beliebten Trainer zu helfen. Eine Diskussion gibt es intern nicht. „Bei uns ist eh'' alles klar, da brauchen wir nicht drüber zu reden“, sagt Evi Sachenbacher-Stehle, „wir machen gute Arbeit.“ Vier Rennen bleiben ihnen bei dieser Ski-Weltmeisterschaft noch, um das auch zu beweisen.

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