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Sport: Die kalte Zigarre

Das ist nicht Schalke, sagt Rudi Assauer – und spricht nach einer schlimmen Saison ein zweideutiges Auf Wiedersehen aus

Von Markus Hesselmann

Gelsenkirchen. Sie schlugen Roda, sie schlugen Trabzon, sie schlugen Brügge, Valencia, Teneriffa und Inter Mailand. Sie haben den größten Erfolg der jüngeren Vereinsgeschichte gemeinsam geschafft. Marc Wilmots, der Spieler, und Rudi Assauer, der Manager, holten mit Schalke 04 den Uefa-Cup. Das war 1997. Seit Sonntag hat das nur noch nostalgischen Wert. Marc Wilmots, der Trainer, und Rudi Assauer, der Manager, kapitulierten nach dem 0:2 gegen Hannover 96. „Das ist nicht Schalke“, sagte Assauer. „Der Glaube fehlt“, sagte Wilmots. Die letzten Hinterbliebenen von 1997 gaben den Kampf um die Uefa-Cup-Plätze 2003 verloren. „Steht auf, wenn ihr Rote seid“, riefen die 96-Fans. Das ist geklaut. „Steht auf, wenn ihr Schalker seid“, hatten die Schalker Fans beim Siegeszug durch Europa 1997 gesungen.

Am Sonntag sangen sie nicht mehr. Sie pfiffen nur noch. Neuer Lärmrekord in der ohnehin lauten Arena Auf Schalke. Ein verzweifelter Rettungsversuch war misslungen. Als letzte Reminiszenz an 1997 hatte Assauer seinen Kumpel Marc Wilmots zum Nachfolger seines Kumpels Frank Neubarth gemacht. Wie Neubarth ist Wilmots als Trainer ein Niemand. Ein Mann, der Assauers Autorität nicht gefährden kann. Das soll in der neuen Saison anders werden. „Wir holen einen gestandenen Trainer“, sagte Assauer. Wilmots wird gehen. Kommt Christoph Daum? „Daum ist ein guter und erfahrener Trainer“, sagte Assauer. „Aber ich habe andere Überlegungen. Es gibt den einen oder anderen aus dem In- und Ausland, der besser zu uns passt.“ Und wie solle man der Versicherung klarmachen, „dass der Daum nicht mehr schnupft?“. Eine kleine, gemeine Anspielung auf Daums Kokain-Affäre. Keine gute Voraussetzung für eine Zusammenarbeit.

Assauer war böse. Er saugte an seiner erkaltenden Zigarre. Er kniff die Augen zusammen. „Drohen Sie mir?“, fragte sein Blick. Wie Robert de Niro in „Kap der Angst“. „Sie verstehen das nicht, weil Ihr Kopf zu klein ist“, herrschte er den Berichterstatter von „Bild“–Gelsenkirchen an. „Manager, dafür entschuldigen Sie sich“, rief der „Bild“- Mann. Assauer zuckte mit den Schultern. Es ging um Andreas Möller. „Bild“ hatte seine Aufstellung ins Gespräch gebracht, Möller hatte nach langer Pause schlecht gespielt. Gut für ihn, dass er ohnehin aufhört. Für andere könnte das Aus unfreiwillig kommen. „Wenn das in den nächsten Tagen nicht zu kitten ist, dann heißt es: Auf Wiedersehen“, sagte Assauer. Das klang zweideutig. „Auf Wiedersehen“, womöglich auch für Assauer selbst? Nach dem Spiel gegen Hannover wirkte der Manager so verbraucht, dass selbst das nicht ausgeschlossen ist.

Was bleibt? Ein starker Torwart. Frank Rost war der einzige, der sich nach dem Spiel den Fans stellte und Selbstkritik übte. Derart zu versagen, das sei eine Charakterfrage. „Bei uns verlieren zu viele die Nerven“, sagte Rost. Offen kritisierte er die Einstellung seiner Mitspieler: „Es reicht nicht, ein paar Pflichttermine zu machen und dann nach Hause zu fahren. Jeder muss bereit sein, ein Stück mehr von sich zu geben.“ Schalke brauche Spieler, die sich ihrer Sache sicher seien. „Zur Not treten wir lieber mit elf Amateuren an.“

Ob mit Profis oder mit Amateuren – die Schalker müssen sich in den letzten beiden Spielen gegen Werder Bremen und Bayern München wenigstens noch für den UI–Cup qualifizieren. 1997 texteten die Fans aus den Namen der besiegten Klubs auf die Melodie des Folksongs „My Darling Clementine“ ihr berühmtes Uefa-Cup-Lied („Wir schlugen . . .“). Nun muss ein ähnlicher Siegeszug durch den UI-Cup her, um dann doch noch im Uefa-Cup starten zu können. Gegner wie FC Midtylland, HNK Vinkovci oder VSC Debrecen machen das Singen nicht leichter.

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