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Haufenweise Spaß. Die FCK-Spieler feierten mit ihren Fans. Foto: dpa

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Sport: Die Kraft der Verrückten

Kaiserslauterns Spieler staunen über Abwehrfehler – und drehen dank ihrer Fans das Spiel

Es passte zu diesem unwirklichen Fußballnachmittag, dass sich hinterher selbst die Darsteller über die Genese uneins waren. „Irgendwie haben wir immer daran geglaubt, so komisch sich das anhört“, sagte Mathias Abel, dem mit dem Hinterkopf der Ausgleichstreffer zum 3:3 gelungen war. Der dreifache Torvorbereiter Christian Tiffert dagegen gab zu: „Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich immer an die Wende geglaubt habe.“

Jens Keller, der Trainer des Gegners VfB Stuttgart, machte dagegen auf der Pressekonferenz einen zwar entnervten, aber nicht sonderlich überraschten Eindruck, als er das „Betzenberg-Feeling“ ansprach: „Das habe ich leider schon oft genug hier erlebt.“ Er meinte jenen für Nerven und Blutdruck höchst ungesunden Mix, der das Unmögliche auf diesem eigentümlichen Berg immer mal wieder möglich macht: Ein Schiedsrichter, dem das Spiel mit zunehmender Dauer immer mehr entglitt, ein tollwütiges Publikum, das lärmte und pfiff, wie es nur konnte – und eine Heimmannschaft, die nach verschlafener erster Hälfte und drei teils hanebüchenen Gegentoren von Minute zu Minute lauffreudiger, zweikampfstärker und gefährlicher wurde.

„Die Verrückten geben uns Kraft“, sagte FCK-Trainer Marco Kurz über die Stimmung im Stadion. Er erzählte von Spielern, die ihn zwischenzeitlich mit Blicken um eine Auswechslung angefleht hätten. „Dann kam der Schwung von außen, und sie konnten auf einmal wieder laufen.“ Kurz wollte aber auch klarstellen, dass sein Konzept nicht allein auf Kampf basiert: „Ich sehe eine Mannschaft, die Fußball spielt.“

Das ist wahr – im Rahmen ihrer Möglichkeiten hat die 13-Millionen-Euro-Truppe bereits mehrfach gezeigt, dass sie imstande ist, ansehnliche Angriffe vorzutragen und effektiv gegen den Ball zu arbeiten. Wahr ist aber auch, dass sie sich immer wieder selbst zurückwirft. „Wir machen es dem Gegner zu einfach, legen uns die Dinger selbst rein“, sagte Tiffert, der in der ersten Hälfte nicht nur mit Schiedsrichter Rafati, sondern auch immer wieder mit seinen Mitspielern haderte. „Wir haben zwei naive Tore bekommen“, stimmte Stürmer Srdjan Lakic zu. Vor dem 0:2 etwa ließ sich Lauterns Kapitän Martin Amedick von Cacau übertölpeln, nur Sekunden nachdem Rafati Tiffert auf der anderen Seite einen Freistoß verweigert hatte. „Den Zweikampf muss man gewinnen“, übte Tiffert Kritik. „Der Gegner muss irgendwo hinfliegen, der Ball auch.“

Der fulminanten Aufholjagd vom Samstag zum Trotz ist der Betzenberg noch längst nicht die Bastion aus alten Tagen. Die Lauterer haben nur zwei von sechs Heimspielen gewonnen und auch deshalb ein chronisches Defizit an Punkten. Die Probleme vor allem im Abwehrverhalten, die von der orkanartigen Euphorie der zweiten Halbzeit hinweggefegt wurden, brachte Trainer Kurz nach dem Spiel auf die einfache Formel: „Wenn du drei Tore zu Hause schießt, darfst du nicht drei kriegen.“ Es sei denn, könnte man hinzufügen, du willst einen denkwürdigen Fußballtag heraufbeschwören.

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