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Sport: Die Langeweile besiegt

Manager Niroomand lebt für den Berliner Volleyball

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin - Beim Rühren in seinem Milchkaffee gerät Kaweh Niroomand ins Philosophieren. „Erfolg“, sagt er und gönnt sich eine kurze Denkpause, „Erfolg – ist wie eine Treppe. Man muss Stufe für Stufe hochgehen.“ Bei seiner sportlichen Leidenschaft, dem Volleyball, sind noch ein paar Stufen zu erklimmen. Als Manager brachte Niroomand den SC Charlottenburg zwar in die nationale Spitze, am großen Ziel, dem VfB Friedrichshafen längerfristig den Rang als Primus in Deutschland abzulaufen, arbeitet er noch. „Ich kann mich durchbeißen“, sagt Niroomand über Niroomand, und es klingt wie eine Kampfansage an Friedrichshafen.

Niroomand, Jahrgang 1952, bezeichnet sich selbst ganz uneitel als „Volleyball-Verrückten“. Seine Einschätzung, dass ohne Leute wie ihn der Männer-Volleyball in Berlin ein tristes Dasein führen würde, mag sich arrogant anhören, trifft aber zu. Er kümmert sich beim SCC um alles: Er verpflichtet Spieler und Trainer, handelt Verträge aus, sucht Sponsoren, redet dem Team nach schlechten Leistungen ins Gewissen. Was ihn an diesem Sport, den er in seiner Studentenzeit selbst ausgeübt hat, fasziniert? „Nichts kann im Volleyball durch unfairen körperlichen Einsatz manipuliert werden“, sagt Niroomand. „Im Fußball ist das doch so: Da stellst du einen Holzhacker dagegen, wenn du einen Techniker ausschalten willst.“

Niroomand wäre dem Volleyball zwischendurch fast abhanden gekommen. Er hatte Ende der achtziger Jahre als Trainer beim VdS Berlin und parallel dazu als Landestrainer gearbeitet – und verlor plötzlich die Lust. „Ich wollte insgesamt aufhören.“ Dann kam der Zusammenbruch der DDR. Und in Niroomand erwachten die Volleyball-Lebensgeister neu. „Vom Mauerfall habe ich mich berauschen lassen“, sagt er. „Was sich da in Berlin für Möglichkeiten ergaben …“ Niroomands Begeisterung schlug um in Aktionismus. „Bis zu fünfmal am Tag bin ich über den Grenzübergang rüber.“ Folge des regen Grenzverkehrs: Der SCC vereinnahmte die Volleyballabteilung des SC Dynamo. Spieler wie Triller, Hölzig oder Barnowski stärkten fortan die West-Berliner Mannschaft.

Kaweh Niroomand wurde in Teheran geboren. Als Zwölfjähriger kam er nach Deutschland – mit klaren beruflichen Vorgaben. „Wenn du aus Iran nach Deutschland kommst, wirst du Arzt oder Ingenieur, etwas anderes gibt’s da nicht“, sagt Niroomand. Er entschied sich für das Ingenieurswesen. In Tecklenburg machte er Abitur, dann studierte er an der TU Hannover. Glücklich wurde Niroomand dort nicht. „Zum Einschlafen“ fand er die Stadt. Weitaus aufregender war für ihn, wie Ende der sechziger Jahre die Studenten in Berlin demonstrierten: gegen den Muff unter den Talaren im Kleinen und die Weltordnung im Großen. Ein Teil der Proteste tangierte Niroomands Heimatverbundenheit: Die Menschen gingen gegen Reza Pahlavi, den Schah von Persien, auf die Straße. Niroomand wollte mitdrehen am Rad der Politik. Er setzte kurzerhand seine Studien in Berlin fort. „Ich war damals politisch sehr aktiv“, sagt er.

Sein Studium beendete er als Diplomingenieur, „als solcher wollte ich aber nie arbeiten“. In einem Gartenlokal bei einem Glas Bier schmiedete er mit einem Kommilitonen alternative Berufspläne. Schnell war man sich einig: Wir machen ein Hotel auf. Das Geld wurde geliehen. Am Kaiserdamm fand man ein geeignetes, aber ziemlich heruntergekommenes Objekt. Nach der Renovierung kam der Betrieb auf Touren. Nur Niroomand, damals 30 Jahre alt, fand bald: „Das ist mir zu langweilig. Ab Mittag war ja nichts mehr zu tun.“

Bei einem Unternehmen, das Software für Hotels erstellt, heuerte Niroomand dann an. Die Firma expandierte – und Niroomand machte Karriere. Inzwischen ist er als einer von drei Geschäftsführern zuständig für Europa, Afrika und den Mittleren Osten. Dauernd ist er im Flugzeug unterwegs: Düsseldorf, Paris, Dubai. Miles and more: Mehr als 300 000 Kilometer pro Jahr legt Niroomand in der Luft zurück. „Ich habe Flugangst“, gesteht er.

Trotz aller beruflichen Belastung kommt Niroomand vom Volleyball nicht los. Für den SCC arbeitet er ehrenamtlich, „ich kriege keine müde Mark“. Im Gegenteil: Manchmal, wenn der Etat des SCC am Saisonende Lücken aufwies, hat er diese aus eigener Tasche geschlossen. Das waren auch mal hohe fünfstellige Summen. Zugeben will er das nicht. Er sagt, den Blick in den Milchkaffee gesenkt: „Darüber will ich nicht reden.“

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