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Sport: Die Last, ein Volksheld zu sein

Doppel-Olympiasieger Simon Ammann kämpft gegen den Fluch des Ruhms

Garmisch-Partenkirchen. Der Skispringer Simon Ammann hatte auf Französisch „Ein gutes neues Jahr 2003 für die Leser von Le Matin“ auf ein Stück Papier gemalt. Er hatte das Werk neben seinen Kopf gehalten, und hatte sich fotografieren lassen. Er hatte es wie gewünscht für weitere Bilder vor die Brust gehalten. Nicht genug für das französische Journalistenteam. Der 21-Jährige solle das Papier halten, und gleichzeitig einen Daumen nach oben, verlangte der Mann von der französischen Zeitung. Simon Ammann tat, wie ihm geheißen: Hielt das Papier, strahlte, streckte den Daumen in die Höhe.

Dabei hatte Simon Ammann bis gestern keinen Anlass, den Daumen nach oben zu halten. Denn erst beim Neujahrsspringen meldete er sich mit dem sechsten Platz in der Weltspitze zurück. Zuvor stand Platz 21 als bestes Ergebnis für den Schweizer. Beim ersten Springen der Vierschanzentournee in Oberstdorf landete er gar nur auf Platz 27. Zu wenig für einen Doppel-Olympiasieger. Simon Ammann sagt: „Es ist mir zu gut gegangen.“ Auf Schultern hatten sie ihn durch die Halle seiner Heimatgemeinde Unterwasser getragen. Zum „Sportler des Jahres“ wählten sie ihn in der Schweiz. Am Samstag ist er nominiert für die Wahl als „Schweizer des Jahres". „Das habe ich mir verdient“, sagt Ammann, „weil ich ein sportliche Topleistung vollbracht habe.“ Nach seinen beiden Olympiasiegen im Februar steigerte sich die Zahl der Skispringer in der Schweiz auf 400.

„Bei den neuen Lizenzen haben wir eine Wachstumsrate von 1000 Prozent“, erzählt der Sprecher des Schweizer Teams, Marc Waelti. Ammanns Sponsor „Swisscom“ stockte seine Zuwendung auf, mit der neuen Fluggesellschaft „Fly Swiss“ kam ein neuer hinzu. Es ging dem „Simi“, wie sie ihn in der Schweiz nennen, gut. Gleichzeitig verlor er die Konzentration auf das Skispringen.

„Eine gewisse Ernsthaftigkeit muss sein“, sagt Ammann inzwischen. Es fiel ihm schwer, sich mit der neuen Popularität zurechtzufinden. „Es war sehr stressig, vor allem bei dem Springen in der Schweiz.“ Er lernt gerade, wie das ist, ein Volksheld zu sein. Darunter leidete die Vorbereitung, die er ohnehin zu spät begann, weil er im Sommer die ersten Prüfungen für seine Matura ablegte. „Ich bin körperlich noch nicht so gut drauf wie im letzten Jahr“, sagt Ammann. Das Material stimmte auch noch nicht. Seine Anlaufgeschwindigkeit war langsam, mit dem neuen Anzug kam er nicht zurecht. Inzwischen änderte er die Körperhaltung, fährt nun schneller zum Schanzentisch. „Ich bin zuversichtlich, dass ich wieder Schwung in die Sache bringe.“ Er hat seine Fröhlichkeit und seinen Optimismus nicht verloren.

Plötzlich steht wieder der Mann von „Le Matin“ vor ihm. Er brauche noch ein paar Fotos, die Neujahrsbotschaft sei zu klein geschrieben gewesen. Nun hat er sie mit einem dicken Filzstift auf das Blatt gemalt. Ammann hält das Papier neben sich und streckt den Daumen in die Luft. Natürlich.

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