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Es ist verhangen. Und im Juni regnet's am meisten.

© Gerd Roth/dpa

EM-Quartier in Évian-les-Bains: Die Mannschaft sitzt im Regen

Das deutsche EM-Quartier bietet einige Tücken. Der nächste Flughafen etwa liegt in Genf - das Land verlassen darf die Mannschaft aber nicht. Ein Rundgang im Regen.

Gut eine Woche ist die deutsche Mannschaft nun schon hier in ihrem Stammquartier während der Europameisterschaft in Évian-les-Bains – und noch immer auf der Suche nach dem Licht. Oliver Bierhoff, der Teammanager, hatte die Wahl für Évian in einem Tagesspiegel-Interview auch damit begründet, dass der Blick über den See eine schöne Weite und Energie biete und das Licht ein ganz besonderes sei. Doch die Wolken schlucken alles.

Seit Tagen hat der Regen Évian fest im Griff. Es regnete am Dienstag und auch an den Tagen davor. Am heutigen Mittwoch wird die deutsche Mannschaft wieder reisen. Nach Paris, wo am Donnerstag Polen der nächste Gegner ist. Wenn der deutsche Team-Tross samt der rund 300 Journalisten fort ist, wirkt das 8500-Einwohner-Örtchen Évian wie ausgestorben.

Steil und wässrig

Alles an diesem Ort hat mit Wasser zu tun. Der Genfer See ist nach dem Plattensee in Ungarn der größte See Mitteleuropas. An seiner tiefsten Stelle soll er 310 Meter tief sein, vor allem aber ist er der wasserreichste. Was er leider nicht für sich behalten kann.

Und ziemlich alles an Évian ist steil. Vierhundert Höhenmeter liegen zwischen der mondänen Uferpromenade und den kleinen Chalets hoch oben im grünen Hang. Vor hundert Jahren traf sich hier, am malerischen Südufer des Genfer Sees, die Hautevolee aus aller Welt. 1907 wurde eine Standseilbahn gebaut, die später auf eine Gesamtlänge von 750 Meter erweitert wurde, vier Haltestellen aufweist und inzwischen, nach umfangreichen Sanierungsarbeiten, wieder in Betrieb ist.

In Ermitage hat der DFB alle Zimmer gebucht

Gefühlt gehört halb Évian-les-Bains Évian, also Danone. Der französische Lebensmittelkonzern besitzt das örtliche Casino und die Therme sowie allerlei Hotels, wie das „Ermitage“ und das „Royal“. Im Ermitage hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) alle 83 Zimmer gebucht, für 23 Spieler und 50 Betreuer.

Über eine kleine Holzbrücke gelangt man in das Royal, das Haupthaus, das einen Stern mehr hat. Die Präsidenten-Suite liegt bei 2500 Euro. 50 der 150 Zimmer sind ebenfalls in deutscher Hand für rund einen Monat. Hier logiert die DFB-Delegation um Reinhard Grindel.

Schön hier. Aber verregnet.

© dpa

Diese beiden Häuser liegen halbhoch über dem See und ziemlich zentral. Hohe Hecken umsäumen ihre parkähnlichen Gärten, was der deutschen Delegation aber nicht genügte. Alles ist noch einmal von blickdichten, meist grünen Planen eingewickelt worden. An den Zufahrten stehen Wachleute, rund um die Uhr.

Jacques, ein weißhaariger Herr von vielleicht Mitte 60, schlendert mit seinem weißhaarigen Hund entlang. Beide bleiben oft stehen. Jacques weiß noch, was los war, als der G8-Gipfel hier stattfand, und die Regierungschefs im Ermitage wohnten. Das ist jetzt über zehn Jahre her, in seiner Erinnerung war der Sicherheitsstandard auch sehr hoch, nur blickdichte Planen wurden damals nicht verspannt. „Tout de même“, egal, sagt er.

Übler als der Regen treffen die Spieler die Reisen

Von den Quartieren ist es nicht weit weg bis zum Stade Camille Founier, es liegt fast auf gleicher Höhe. Hier trainiert die Mannschaft an den Tagen zwischen den Spielen. Was vergleichsweise entspannt ist. Denn übler als der Regen treffen die Mannschaft die Spiel-Reisen.

Das Dumme ist, dass der nächstgelegene Flughafen, der in Genf, überraschenderweise nicht mehr zu Frankreich gehört. Ein EM-Teilnehmer darf aber während des Turniers das Ausrichterland nicht verlassen. So muss ausgewichen werden zum Regionalflughafen des alpinen Annecy, das rund 90 Kilometer entfernt liegt. Hier können nur kleine Flugzeuge starten und landen. Spieler, Trainer und Betreuer müssen auf zwei Charter-Maschinen aufgeteilt werden, eine schwarze und eine weiße.

Was noch ginge, wäre da nicht die gut eineinhalbstündige Busfahrt mit vielen Kurven und unzähligen Kreisverkehren. Vom ersten Spiel aus Lille traf die Mannschaft morgens um vier in Évian wieder ein. „Ein Dilemma“, wie Bierhoff seinerzeit schon ahnte: „Aber diese Kröte haben wir geschluckt, weil sonst alles passt.“

Eine steile These. Der Monat Juni ist in dieser Gegend der regenreichste des Jahres. Und das seit der Wetteraufzeichnung.

Am Donnerstag spielt Deutschland gegen Polen. Wie können Boateng und Hummels den für Polen spielenden Lewandowski stoppen? (21 Uhr/ZDF)

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