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Sport: Die Marsmenschen gestoppt

Der AC Mailand lässt den FC Barcelona beim 0:0 an seiner Defensivmauer abprallen.

Stolz kann sehr unterschiedliche Quellen haben. Die Zufriedenheit des AC Mailand mit dem 0:0 im Viertelfinalhinspiel der Champions League gegen den FC Barcelona speiste sich vor allem daraus, dem Gegner das gewohnte Agieren verwehrt zu haben. „Ich habe heute zwei Tore gemacht“, erzählte Luca Antonini beglückt in der Mixed Zone. Der Rechtsverteidiger gab damit den Ton vor. Der zum „Spieler des Abends“ gekürte Antonini hatte in der ersten Halbzeit mit einem blitzsauberen Tackling aus vollem Lauf den in den Strafraum durchgebrochenen Alexis Sanchez gestoppt und in der zweiten Halbzeit einen ähnlich brisanten Zweikampf gegen Cristian Tello entschieden.

Auch Trainer Allegri strahlte darüber, dass seine „Mannschaft gegen Barcelona wenig zugelassen“ habe. „Wir können jetzt voller Selbstbewusstsein ins Rückspiel gehen. Uns reichen zwei von drei möglichen Ergebnissen“, rechnete er vor. Bei einem Auswärtstor im Camp Nou sähe es für Milan tatsächlich gar nicht schlecht aus. Denn hochkarätige Chancen auf eigene Treffer erarbeiteten sich die Mailänder. Wenn Robinho und Zlatan Ibrahimovic nicht so anfängerhaft vor dem Tor versagt hätten, wäre sogar eine noch größere Überraschung möglich gewesen.

Die Erkenntnis des Abends war jedoch, dass der große FC Barcelona tatsächlich aufzuhalten ist. „Die unbesiegbaren Marsmenschen sind für einen Abend auf die Erde zurückgekehrt“, konstatierte die „Gazzetta dello Sport“. Zwar verzeichneten die Statistiken die gewohnten 66 Prozent und 62 Prozent Ballbesitz in beiden Halbzeiten für die Katalanen. Aber die meisten Kombinationswellen prallten an der rings um den eigenen Strafraum aufgebauten Abwehrmauer Milans ab. Allegri hatte ein elastisches System verordnet. Bei eigenem Ballbesitz nutzte seine Mannschaft die gesamte Breite des Spielfeldes. Übernahm Barca das Kommando, legte sich noch in deren Hälfte ein Ring um den jeweils ballführenden Spieler, um Kombinationen zu unterbinden. Die Zone um den Mittelkreis gab Milan aber ab, um sich dann am, im und um den eigenen Strafraum zu verdichten. Diese Zonen unterschiedlicher Intensität setzten Barcelona sichtlich zu.

Die Katalanen machten allerdings vor allem den Rasen für den mangelnden Spielfluss verantwortlich. „Der hatte nicht das Niveau für die Champions League“, moserte Trainer Pep Guardiola. Tatsächlich sah man Schlittereinlagen auf beiden Seiten. Milans Vizepräsident Adriano Galliani schob den schwarzen Peter sogleich an den Stadtrivalen Inter weiter, mit dem sich Milan das Stadion teilt. „Wir haben einen Vorschlag für Kunstrasen unten und Naturrasen oben gemacht. Aber es kam noch keine Antwort von Inter“, sagte er.

Überhaupt lag aus Sicht der Mailänder ein schwerer schwarzblauer Schleier über der Begegnung. Milan wollte keinesfalls mit dem Inter José Mourinhos verglichen werden, das Barcelona 2010 in einer Abwehrschlacht entzaubert hatte. Doch nach dem Spiel machte sich bei Beobachtern, Fans und auch dem Besitzer des Vereins genau dieser Eindruck breit. In der Umklammerung eines sehr muskulösen AC Mailand ging dem FC Barcelona die spielerische Souveränität verloren. „Wir schätzen sehr, wie Barcelona spielt, und sind stolz darauf ein gutes Resultat erzielt zu haben. Zu Milan habe ich so einige Beobachtungen gemacht, die ich hier aber nicht verraten möchte“, knurrte Silvio Berlusconi, der demnächst wieder zum Klub-Präsidenten gekürt werden soll, in die TV-Kameras. Er hatte sich ein Offensiv-Spektakel mit einem Duell von Lionel Messi und Zlatan Ibrahimovic gewünscht.

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