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Sport: Die Namenspatronin

Wann darf eine Sportstätte den Namen einer Sportlerin tragen? Erst, wenn sie ihre Karriere beendet hat oder schon vorher?

Wann darf eine Sportstätte den Namen einer Sportlerin tragen? Erst, wenn sie ihre Karriere beendet hat oder schon vorher? Diese Frage wurde in Erfurts Stadtparlament zu einer politischen Grundsatzfrage. Die CDU mit Oberbürgermeister Manfred Ruge plädierte für sofort, die SPD im Verbund mit der PDS votierte für später. Bei der Kampfabstimmung am 26. September setzten sich die Befürworter mit 25:23 Stimmen durch. Und so kam es denn, dass am Freitag der erste Startschuss zu den Europameisterschaften der Eisschnellläufer in der Gunda Niemann-Stirnemann-Halle knallte.

Wochenlang hatte es in den regionalen Zeitungen und Medien einen kontroversen Meinungsaustausch darüber gegeben. OB Ruge verwies auf die Verdienste von Erfurts Ehrenbürgerin: 1999 zur Eisschnellläuferin des Jahrhunderts gewählt, 19 mal Weltmeisterin, dreimal Olympiasiegerin, mehr als 100 Weltcupsiege. Die SPD- und PDS-Vertreter fühlten sich an einen Personenkult wie zu DDR-Zeiten erinnert. Worauf Ruge erwiderte: "Ohne sie hätten wir die Halle nie bekommen."

Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen: Gunda Niemann-Stirnemann hat sich bei allen nur erdenklichen Gelegenheiten für den Bau einer modernen überdachten 400-m-Bahn in ihrer Heimatstadt eingesetzt. Das gab wohl auch den Ausschlag dafür, dass sich das Bundesinnenministerium (BMI) nach Konsultationen mit den Spitzensportgremien 1999 für Erfurt und gegen das bayerische Leistungszentrum Inzell entschied. Das BMI, das Land Thüringen und die Stadt Erfurt teilen sich auch die Baukosten von rund 27 Millionen Mark. Schon beim Richtfest äußerte sich Thüringens erfolgreichste Sportlerin aller Zeiten begeistert: "Wenn ich daran denke, dass wir hier auf einer 333-m-Bahn mit Sand und Dreck auf dem Eis angefangen haben und ich jetzt dieses gigantische Bauwerk sehe, dann erfüllt mich dies mit großem Stolz." Ihr langjähriger Trainer Stephan Gneupel zeigte sich bei der Einweihung der zweiten überdachten Eisschnelllauf-Anlage Deutschlands - die erste wurde in Berlin-Hohenschönhausen gebaut - am 21. Dezember geradezu euphorisch: "Die Architektur ist so gelungen, dass ich die Halle für die schönste nach der im norwegischen Hamar halte."

Eine Fichtenholz-Konstruktion aus Österreich sorgt dafür, dass die 190 m lange und 96 m breite (Höhe 24 m) Arena ohne sichtbehindernde Stützen im Innenraum auskommt. Rund 4000 Zuschauer finden bei Innentemperaturen von 12 bis 15 Grad Platz. Im November wurde Calgarys Eismeister Marc Messer eingeflogen, um ein ähnlich gleitfähiges Eis wie auf der kanadischen Rekordbahn hinzubekommen. Das scheint gelungen, wie erstklassige Leistungen bei der Wettkampfpremiere mit den Deutschen Mehrkampf-Meisterschaften nach Weihnachten bewiesen. Sabine Völker war sogar zu schnell unterwegs. Sie verlor durch einen Sturz ihren Titel. "Der Kurvenradius ist verdammt eng. Da muss man mächtig aufpassen", warnte die Sprinterin. Sie startet am Wochenende nicht, weil bei dieser EM die Allrounder an den Start gehen.

Ernst Podeswa

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