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Da ist der Schuldige. Brasiliens André Santos zeigt auf den kaputten Rasen. Foto: AFP

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Sport: Die Nerven und der Sand

Brasilien vergibt bei der Copa beste Chancen, verschießt vier Elfmeter und scheidet im Viertelfinale aus

Berlin - Ungläubig schaute André Santos zu Boden. In seinem Gesicht spiegelten sich Wut und Enttäuschung wieder. Wie soll man auf so einem Geläuf denn treffen, schien der linke Verteidiger der brasilianischen Nationalmannschaft zu fragen. Doch alles Lamentieren half nicht, der Ball war längst über dem Tor Richtung Stadionausgang geflogen.

André Santos war an diesem Abend nicht der Einzige seiner Mannschaft, dem im Viertelfinale der Copa America gegen Paraguay die Nerven versagten. Nach torlosen 120 Minuten brachten es die Brasilianer fertig, selbst im Elfmeterschießen kein Tor zu erzielen. Alle vier Schützen scheiterten an sich selbst oder am gegnerischen Torhüter Justo Villar und so zog Paraguay durch ein 2:0 nach Elfmeterschießen ins Halbfinale der südamerikanischen Kontinentalmeisterschaft ein. Für so manchen Brasilianer war der Schuldige schnell ausgemacht: Der Platz im Stadion von La Plata befand sich in einem katastrophalen Zustand, immer wieder hatten die Spieler auf dem sandigen Untergrund Probleme, das Gleichgewicht zu halten. Besonders ärgerlich: Das Elfmeterschießen fand ausgerechnet auf jenem Tor statt, wo der Rasen rund um den Elfmeterpunkt besonders lose war. „Heute kam für uns dazu, dass der Rasen sehr schlecht war“, sagte Justo Villar. „Aber es kommt in so einer Situation auch auf Erfahrung an und darauf, den Gegner auszugucken.“ Dabei musste sich Paraguays Torhüter am Ende nur einmal gegen Thiago Silva auf sein Gespür verlassen. Die anderen brasilianischen Schützen Elano, Andre Santos und Fred brachten den Ball nicht einmal aufs Tor. Dabei hatte man extra Elfmeterschießen geübt, wie Angreifer Robinho sagte.

Trotz des gegnerischen Unvermögens hatte Justo Villar den größten Anteil am Sieg seiner Mannschaft. Mit spektakulären Paraden rettete der 34-Jährige seine Mannschaft erst ins Elfmeterschießen. Brasilien hatte Paraguay zeitweise vorgeführt, doch was immer man auch versuchte – Villar war zur Stelle. So rettete er zuerst gegen den allein auf ihn zulaufenden Lucio, um sich dann kurze Zeit später mutig den Gewaltschüssen des ansonsten schwachen Pato entgegenzustellen. „Das ist die größte Nacht meines Lebens, und ich werde das genießen“, sagte er hinterher. Und wenn Villar doch mal geschlagen war, retten seine Mitspieler für ihren Schlussmann auf der Linie. So geschehen drei Minuten vor Schluss der regulären Spielzeit, als ein Kopfball des eingewechselten Fred noch soeben geklärt wurde. Nach 90 Minuten hatten die Brasilianer elf Schüsse innerhalb des Strafraums auf Villar abgegeben – Paraguay dagegen nicht einen einzigen in Richtung des brasilianischen Tores.

„Eigentlich hätte Brasilien gewinnen müssen“, sagte Paraguays Trainer Gerardo Martino, während er schelmisch in die Fernsehkameras grinste. Sein Gegenüber Mano Menezes rang dagegen um Fassung. „Heute war nicht unser Tag“, sagte Brasiliens Trainer. „Aber ich finde nicht, dass alles schlecht war.“ Mit dieser Meinung wird es Menezes in der Heimat wohl schwer haben. Seine Mannschaft, die mit Hinblick auf die Heim-WM 2014 aufgebaut werden soll, enttäuschte bei der Copa und schied wie Gastgeber Argentinien bereits im Viertelfinale aus. Bei den letzten zwei Turnieren hatten sich die beiden Giganten des südamerikanischen Fußballs noch jeweils im Endspiel gegenübergestanden. Anstatt der großen Favoriten Brasilien und Argentinien erreichten neben Paraguay und Uruguay auch die beiden Außenseiter Peru und Venezuela das Halbfinale. Die Venezolaner mit den Bundesligaspielern Juan Arango und Tomas Rincon besiegten Chile im letzten Viertelfinale 2:1 und treffen nun auf Paraguay. Gespielt wird in Mendoza, dort ist der Rasen etwas besser als in La Plata. Noch ein Grund mehr für André Santos, sich zu ärgern.

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