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Sport: Die Null fliegt raus

Hertha BSC verliert bei Groclin Grodzisk 0:1 und verabschiedet sich aus dem Uefa-Cup

Grodzisk. Tom Riedel, Zeugwart von Hertha BSC, hatte bereits bei Zeiten die nötigen Vorbereitungen getroffen. Eine Viertelstunde vor Schluss schleppte er eine neue Palette Mineralwasser aus der Kabine heran. 0:0 stand es zu diesem Zeitpunkt zwischen KS Groclin Grodzisk und dem Berliner Fußball-Bundesligisten im Uefa-Cup-Rückspiel. Genauso wie im Hinspiel. Sollte es dabei bleiben, würde es eine Verlängerung geben und Riedel könnte die Wasserflaschen an die durstigen Spieler verteilen. Zehn Minuten später aber packte der Zeugwart die Sachen wieder zusammen und trug sie zurück in die Kabine. Kurz zuvor hatte Grzegorz Rasiak das 1:0 für den polnischen Vizemeister erzielt. Und obwohl die Berliner bis zum Ende noch einige gute Möglichkeiten hatten, blieb es bei diesem Ergebnis.

Der selbst ernannte Champions-League- Anwärter Hertha BSC, der in der Bundesliga auf einem Abstiegsplatz liegt, ist damit, ohne ein Tor geschossen zu haben, im Uefa-Cup bereits in der ersten Runde ausgeschieden. „Das ist sehr bitter“, sagte Herthas Manager Dieter Hoeneß. „Wie ein Schock“ empfand Andreas Neuendorf die Niederlage. „Ich bin leer.“ Trainer Huub Stevens sprach sogar von einem Desaster. Im elften Spiel dieser Saison blieben die Berliner zum sechsten Mal ohne Tor. Erneut kassierten sie den entscheidenden Treffer kurz vor Schluss, und den einzigen Sieg schaffte die Mannschaft im DFB-Pokal gegen den SSV Reutlingen, den Letzten der Oberliga. Von all den schönen Träumen, die Hertha vor der Saison geträumt hat, ist wenig übrig geblieben. „Das ist eine schwere Niederlage heute, die man erst mal verkraften muss“, sagte Hoeneß.

Es ist in vieler Hinsicht eine schwere Niederlage: finanziell, sportlich und auch für das Image des Vereins, der gerne richtig groß werden möchte. Der Manager hatte den Uefa-Cup für eine Chance gehalten, „um uns frei zu spielen“. Stattdessen stürzt die Niederlage die Berliner in neue Depressionen. Fredi Bobic klagte: „Die Situation ist zermürbend. Wir müssen jetzt aufpassen.“

Huub Stevens hatte schon zwei Tage vor dem Spiel gesagt: „Jedes Unentschieden ist gut für uns, außer ein 0:0.“ Genau so hatte er die Mannschaft aufgestellt. Für Bart Goor brachte Herthas Trainer Michael Hartmann, für Niko Kovac kam Andreas Schmidt, der in dieser Saison nur am ersten Bundesligaspieltag gegen Werder Bremen eine Halbzeit gespielt hatte. Beide Personalmaßnahmen waren ausschließlich defensiven Erwägungen entsprungen. Es war das Signal an das Team: Wir dürfen hier nicht verlieren. Es wirkte aber wie: Wir müssen hier nicht gewinnen.

Bis zur 38. Minute dauerte es, ehe die 4000 Zuschauer Herthas erste Offensivaktion zu sehen bekamen. Sie endete mit einem kläglichen Fernschuss von Michael Hartmann weit über das Tor. „Die Mannschaft hat schwer ins Spiel gefunden“, sagte Manager Hoeneß. Fredi Bobic meinte: „Die erste Halbzeit war eine Katastrophe.“ Die Verteidiger wirkten fahrig im Spielaufbau, das Mittelfeld fand fast nicht statt, weswegen die beiden Stürmer völlig auf sich allein gestellt waren. Erst in der zweiten Halbzeit trauten sich die Berliner mehr, sie kamen sogar zu guten Chancen. Grodzisks Torhüter Liberda rettete mit überragenden Reflexen gegen Wichniarek, gegen Bobic und in der Nachspielzeit noch gegen Neuendorf. Selbst nach dem 0:1 „war noch nichts verloren“, sagte Stevens. „Drei hochkarätige Chancen“ sah Dieter Hoeneß nach der 90. Minute.

Auch deshalb war Herthas Manager nach dem Spiel der Meinung, „dass man der Mannschaft im Großen und Ganzen keinen Vorwurf machen kann“. Die sportliche Führung hat sämtliche Möglichkeiten des Krisenmanagement bereits genutzt, doch keine hat dauerhaft Erfolg gebracht. Nach dem Hinspiel fand sich das Team massiver Kritik ausgesetzt. Jetzt will Hoeneß „konsequent weiterarbeiten“. Es müssten nur mal andere Ergebnisse dabei herausspringen.

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