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Sport: Die Regierung spielt mit

Das Fußballchaos in Italien wird durch ein Dekret noch größer

Rom . Im italienischen Profifußball regierte zuletzt ein possenartiges Chaos: Klubs, die sich durch gefälschte Bankbürgschaften die Zulassung für die kommende Saison erschlichen; andere, die sich benachteiligt fühlten, bemühten die jeweiligen regionalen Verwaltungsgerichte und bekamen so die Liga-Zulassung; derweil drohten andere Klubs mit ordnungsgemäßer Lizenz, aber ohne Fernsehvertrag mit dem Boykott des regulären Fußballbetriebs. In dieses Chaos hat nun die Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi eingegriffen – und damit ein noch größeres Durcheinander angerichtet.

Per Dekret wurde am Dienstagabend eine Reihe von Verfügungen erlassen, die den regulären Fußballbetrieb zum Saisonstart am 31. August garantieren sollen. All diese Verordnungen aber stoßen unter den Funktionären auf einhellige Ablehnung – und zwar sowohl beim italienischen Fußballverband als auch beim Ligaausschuss.

Die Aufregung ist groß und könnte noch größer werden, wenn sich die Regierung erst einmal bei den ganz großen Klubs einmischt. Denn noch geht es nur um die zweite Liga, die Serie B. Nach den Anordnungen der Regierung erhöht sich die Zahl der an der Zweitligameisterschaft teilnehmenden Klubs von 20 auf 24. Drei der vier Absteiger der vergangenen Saison werden somit wieder zugelassen. Weil der vierte Absteiger Cosenza wegen diverser Schwierigkeiten nicht in der Lage ist, in der zweiten Liga zu spielen, soll stattdessen der AC Florenz wieder ins Spiel kommen.

Florenz überspringt eine Liga

Das mit der traditionsreichen Fiorentina ist eine überaus kuriose Idee. Der Klub hatte vor einem Jahr aus finanziellen Gründen nicht die Lizenz für die zweite Liga erhalten und war in die vierte Klasse zurückgestuft worden. Florenz stieg dann in die dritte Liga auf und könnte nun mit der Hilfe aus Rom eine Liga komplett überspringen. Die Begründung der Regierung für diese Entscheidung bringt andere Drittligaklubs auf die Barrikaden: Der AC Florenz, einer der beliebtesten Vereine des Landes, habe sich den Aufstieg durch seine sportlichen Verdienste in der Vergangenheit verdient.

Nach dem Dekret müssen jetzt die Spielpläne neu erstellt werden. Der Fußballverband jedoch lehnt eine Erweiterung der zweiten Liga kategorisch ab. Ein weiterer Kompetenzstreit mit der Politik ist also bereits abzusehen. „Wenn die Regierung unseren Job übernimmt, dann können wir alle ja nach Hause gehen“, schimpfte Antonio Matarrese, der Vizepräsident des italienischen Fußballverbandes.

Weiterer Ärger könnte durch den Erlass selbst drohen. Ein Regierungsdekret muss vom Parlament innerhalb von 60 Tagen in ein ordentliches Gesetz umgewandelt werden. Sollte dies nicht gelingen, verliert es seine Gesetzeskraft. Jetzt schon haben die Vertreter von Berlusconis rechtem Koalitionspartner Lega Nord gegen den geplanten Eingriff in die Autonomie des Fußball-Verbandes votiert. Ihr Argument: Wenn die Regierung wie geplant in die Angelegenheiten des Fußball eingreife, könnte künftig wie zu Zeiten Mussolinis über die Meisterschaft entschieden werden.

Vincenzo Delle Donne

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